Gentechnik in der EU: Opt-Out tritt im April in Kraft
16.03.2015
Der sogenannte Opt-Out-Mechanismus, mit dem EU-Mitgliedstaaten den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen leichter verbieten können sollen, tritt Anfang April in Kraft. Die entsprechende Richtlinie wurde am Freitag im Amtsblatt veröffentlicht. Unklar ist noch, welche Staaten die Möglichkeit tatsächlich nutzen wollen – und wie. In Deutschland sprach sich Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) gegen ein „gesplittertes Anbauverbot“ aus.
Die Große Koalition ist sich uneins, ob die Anbauverbote künftig von den einzelnen Bundesländern – das wünschen sich Agrarminister Christian Schmidt (CSU) und viele Unionspolitiker – oder einheitlich von der Bundesregierung verhängt werden sollen. SPD-Ministerin Hendricks befürwortet eine zentrale Entscheidung. „Wenn wir ein gesplittertes Anbauverbot haben, würden wir unglaublich viele Rechtsstreitigkeiten haben“, sagte sie dem ZDF-Magazin WISO. Die Sendung wird heute Abend ausgestrahlt.
Laut WISO befürwortet allerdings auch Schmidts Parteikollegin Ulrike Scharf ein einheitliches Verbot. Die bayerische Umweltministerin warnte vor einem „Flickenteppich“. Der sächsische Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) gab laut ZDF zu bedenken, die einzelnen Bundesländer könnten die Anbauverbote juristisch nicht ausreichend begründen.
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hatte seinen Vorschlag letzte Woche verteidigt. „Wir brauchen eine Regelung, die einer gerichtlichen Überprüfung standhält“, zitiert ihn die Agentur Agra Europe. Aus seiner Sicht funktioniert das mit einzelnen Bundesländerverboten besser. Doch viele Landesregierungen sind skeptisch. „Wir erwarten vom Bund, dass er endlich hart Position bezieht gegen die Risikotechnologie Gentechnik auf dem Acker. Bundesagrarminister Schmidt muss das Anbauverbot für Genpflanzen auf Bundesebene einheitlich und rigoros umsetzen“, sagte der baden-württembergische Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) am Freitag.
Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen übergaben dem Umweltministerium am Freitag über 320.000 Unterschriften von Bürgern, die ebenfalls ein einheitliches, deutschlandweites Gentechnik-Anbauverbot fordern.
Klarheit zu haben, wer in Zukunft wie über den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen entscheidet, könnte in den kommenden Monaten dringend nötig werden. Denn eine Anbaugenehmigung für den insektengift-produzierenden Mais 1507 könnte im Sommer erlassen werden. Zuletzt meldete die Nachrichtenagentur Reuters, die EU-Kommission werde den Gentech-Mais von Pioneer erlauben, nachdem das Opt-Out in Kraft getreten sei. Ein Sprecher der Kommission erklärte jedoch gegenüber dem Informationsdienst Gentechnik, er könne nicht über den Zeitpunkt der Entscheidung spekulieren.
Zuvor war berichtet worden, Brüssel habe die Entscheidung auf frühestens Juni verschoben. Der Grund: die EU-Lebensmittelbehörde EFSA überprüft zurzeit ihre Daten zum Flugradius von Maispollen. Sie hatte die Sicherheitsabstände zwischen konventionellem Mais und Gentech-Mais 1507 mit 30 Metern veranschlagt. Eine systematische Studie, die letzten Herbst veröffentlicht wurde, ermittelte jedoch Distanzen von bis zu 4,5 Kilometern. [dh]
- EU-Amtsblatt (13.03.15)
- ZDF.de: Gen-Pflanzen: Bundesregierung streitet um nationales Anbauverbot (16.03.15)
- proplanta: Rechtssichere Anbauverbote für Gentechnikpflanzen - Schmidt verteidigt Vorschlag (14.03.15)
- Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg: Pressemitteilung (13.03.15)
- EU verschiebt Zulassung von Gentechnik-Mais (10.03.15)
- Dossier: Opt-Out: Debatte um Änderung des EU-Gentechnikrechts und nationale Anbauverbote