Die kroatische Agrarministerin Marija Vučković (re.) am Rand des Agrarrats mit ihrer slovenischen Amtskollegin Eva Knez. Foto: Europäische Union
Die kroatische Agrarministerin Marija Vučković (re.) am Rand des Agrarrats mit ihrer slovenischen Amtskollegin Eva Knez. Foto: Europäische Union

EU-Staaten uneins über neue Gentechnik-Verordnung

21.11.2023

Trotz zahlreicher Differenzen über die geplante europäische Verordnung zu genomeditierten Pflanzen bleibt es Ziel der spanischen Ratspräsidentschaft, die EU-Mitgliedstaaten bis 11. Dezember zu einem Kompromiss zu führen. Das ließ der designierte spanische Agrarminister gestern dem Agrarrat in Brüssel ausrichten. Damit die EU-Länder sich auf die Herausforderungen der neuen gentechnischen Verfahren (NGT) einstellen können, schlug Kroatien vor, ihnen mindestens sieben Jahre lang zu erlauben, solche Pflanzen national zu verbieten. Fast 140 Verbände forderten die Politik auf, die geplante Verordnung komplett zu stoppen.

Auch einige EU-Staaten bremsten. Polen hielt es gar nicht für nötig, NGT-Pflanzen in einer eigenen Verordnung zu regeln. Nach Ansicht der kroatischen Agrarministerin müssen noch eine ganze Reihe von Problemen für Umwelt, Wirtschaft und menschliche Gesundheit gelöst werden, bevor man über die Verordnung abstimmen kann. Ein Kernpunkt ist dabei die Wahlfreiheit für Verbraucher:innen und Unternehmen, sich für oder gegen gentechnisch veränderte (gv) Produkte zu entscheiden, heißt es in ihrer schriftlichen Vorlage. Um diese sicherzustellen, müssten sämtliche NGT-Pflanzen angemessen gekennzeichnet und überwacht werden. Denn seien sie einmal in die Umwelt freigesetzt, wo sie sich weiter vermehren und ausbreiten, könne das irreversible Schäden verursachen. Kroatien sieht derzeit auch noch technische Grenzen, eine unbeschadete Koexistenz des gentechnikfreien mit dem Anbau von NGT-Pflanzen sicherzustellen. [+] mehr...

RoundUp von Bayer/Monsanto (Foto: Mike Mozart, http://bit.ly/2yIfwuQ, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)
RoundUp von Bayer/Monsanto (Foto: Mike Mozart, http://bit.ly/2yIfwuQ, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)

EU-Kommission wird Glyphosat bis 2033 zulassen

16.11.2023

Die Europäische Kommission wird den Herbizid-Wirkstoff Glyphosat im Alleingang für weitere zehn Jahre, also bis Ende 2033, in der EU zulassen. Das teilte sie heute mit, nachdem die 27 EU-Mitgliedstaaten diesen Vorschlag auch im zweiten Versuch nicht mit qualifizierter Mehrheit befürwortet oder abgelehnt hatten. Nun droht der Bundesregierung nach Einschätzung von Rechtsexperten das Problem, dass das ab 1.1.2024 gültige Verbot glyphosathaltiger Spritzmittel in Deutschland kollidiert mit der Zulassung des Wirkstoffs nach europäischem Recht.

Wie erwartet hat in der heutigen Sitzung des Berufungsausschusses zwar wieder eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten für den Zulassungsvorschlag der Kommission gestimmt. Die 17 Länder repräsentierten jedoch keine qualifizierte Mehrheit von 55 Prozent der Mitgliedstaaten und 65 Prozent der Bevölkerung der EU. Wie der Europaabgeordnete Martin Häusling twitterte, stimmten die Mitgliedstaaten fast genauso ab wie bei der ersten Sitzung im Oktober, lediglich Italien schwenkte von Zustimmung auf Enthaltung um. Ebenfalls enthalten hatten sich demnach Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Bulgarien, Belgien und Malta. Österreich, Luxemburg und Kroatien lehnten eine erneute Zulassung des Unkrautvernichters ab. Bundesagrarminister Cem Özdemir bedauerte im Anschluss, dass der Dissens in der Koalition ihn zu einer Enthaltung gezwungen habe. „Ich hätte gerne gemäß unserer Koalitionsvereinbarung mit einem klaren ‚Nein‘ gestimmt“, so der grüne Minister. Die Neuzulassung hätte er aber auch damit nicht stoppen können. [+] mehr...

Glyphosat Herbizid
Herbizid im Einsatz (Foto: Chafer Machinery / flickr, Chafer Sentry, Applying Defy at 250l/ha on wheat land in Lincolnshire, bit.ly/29E6Sk4, creativecommons.org/licenses/by/2.0)

Glyphosat: Zulassung trotz Leukämieverdachts?

15.11.2023

+++UPDATE+++ Die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) werden wohl morgen, am 16.11., darüber entscheiden, ob der Unkrautvernichter Glyphosat weitere zehn Jahre auf hiesigen Äckern versprüht werden darf. In einer aktuellen Langzeitstudie mit Ratten haben Herbizide mit diesem Wirkstoff in mehreren Fällen Leukämie ausgelöst. Und zwar in Dosierungen, die bisher von den Genehmigungsbehörden für unbedenklich gehalten wurden. Grund genug, die Notbremse zu ziehen?

Seit mehreren Jahren arbeitet das italienische Ramazzini Institut zusammen mit mehreren internationalen Forschungseinrichtungen an einer umfassenden Glyphosat-Studie, der Global Glyphosate Study (GGS). Auf einer Tagung präsentierten die Forschenden nun erste Ergebnisse. Sie zeigen, dass glyphosathaltige Unkrautvernichter Leukämie auslösen können – zumindest bei Ratten. Die Tiere erhielten zwei Jahre lang täglich entweder den reinen Wirkstoff oder ein glyphosathaltiges Herbizid. Verwendet wurden dabei das in Europa zugelassene Spritzmittel Roundup BioFlow oder das in den USA eingesetzte Ranger Pro. Verschiedene Tiergruppen erhielten von den Substanzen über das Trinkwasser jeweils 0,5, 5 oder 50 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht und Tag. Die Menge von 50 Milligramm entspricht der Konzentration, bei der nach Angaben der EU-Lebensmittelbehörde EFSA in Tierversuchen mit Glyphosat bisher keine negativen Effekte beobachtet wurden. Abgeleitet davon gilt in der EU die Menge von 0,5 Milligramm Glyphosat je Kilogramm Körpergewicht als akzeptable tägliche Aufnahme durch den Menschen. [+] mehr...

Verbraucher Fleisch Supermarkt Kennzeichnung
Stephen Ausmus / USDA, https://www.flickr.com/photos/usdagov/8411827143, creativecommons.org/licenses/by/2.0

Handelskonzerne gespalten bei neuer Gentechnik

09.11.2023

Würden die Regeln für Produkte neuer gentechnischer Verfahren (NGT) gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission gelockert, könnten Verbraucher:innen in vielen Fällen nicht mehr feststellen, ob ein Lebensmittel gentechnisch veränderte Zutaten enthält. Das bemängelten die Handelskonzerne ALDI Nord, ALDI Süd und REWE auf Anfragen gentechnikkritischer Organisationen. Mehrheitlich begrüßte der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) jedoch die Pläne der EU-Kommission, bestimmte NGT-Pflanzen von den Prüf- und Kennzeichnungsvorschriften des Gentechnikrechts auszunehmen.

Auf Anfrage der Aurelia-Stiftung sprachen sich ALDI Nord und ALDI Süd dafür aus, NGT-Produkte auch weiterhin als solche zu kennzeichnen, um den Kund:innen die Wahl zu lassen, ob sie Lebensmittel mit oder ohne Gentechnik kaufen wollen. Neben einer Transparenz entlang der Lieferkette spreche das Vorsorgeprinzip für eine angemessene Risikobewertung solcher Produkte, so der Discounter. „Dass mit ALDI einer der weltweit größten Discounter für Wahlfreiheit und Risikoprüfung bei Neuer Gentechnik eintritt, ist eine gute Nachricht für Menschen, Artenvielfalt und stabile Ökosysteme“, lobte Bernd Rodekohr von der Aurelia-Stiftung für die Biene. „Denn ohne einzelfallbezogene, wissenschaftsbasierte Risikoprüfung lassen sich schädliche Auswirkungen von NGT-Pflanzen mit neuen Eigenschaften für das Ökosystem nicht sicher ausschließen.“ [+] mehr...

Huhn
Foto: Christoph Aron / pixelio.de

Crispr-Hühner: Pandemierisiko statt Gripperesistenz

31.10.2023

Britische Forschende wollten Legehennen mit Hilfe des neuen gentechnischen Verfahrens Crispr/Cas resistent gegen einen Stamm des Vogelgrippevirus machen, berichteten sie kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications. Doch die Viren überwanden die Resistenz schnell und mutierten so, dass sie perspektivisch auch Menschen gefährlich werden könnten. Für die Studienautoren ist damit klar, dass diese Hühner für die Landwirtschaft nicht geeignet sind. Ein unbeteiligter Wissenschaftler nannte die Versuche eine „akademische Fingerübung“.

Um sich zu vermehren nutzt der Vogelgrippevirus in den Tieren ein Protein mit der Bezeichnung ANP32A. Die Forschenden des Edinburgher Roslin Institute und des Imperial College London änderten mit Crispr/Cas das für die Produktion von ANP32A verantwortliche Gen. Das danach produzierte ANP32A-Protein enthielt zwei andere Aminosäuren und konnte so von den Viren nicht mehr missbraucht werden, um sich zu vermehren. In Versuchen mit diesen Crispr-Hühnern zeigte sich, dass sich bei geringer Viruslast neun von zehn Hühnern nicht infizierten. Wurde die Viruslast des H2N9-Stamms auf das 1000-fache erhöht, erkrankte jedoch die Hälfte der Tiere. Ein Teil der Viren war mutiert und hatte gelernt, die verwandten Proteine ANP32B und ANP32E für ihre Vermehrung zu nutzen. Im Labor stellten die Forschenden zudem fest, dass diese Mutanten sich „unerwartet“ auch in Zellen der menschlichen Atemwege vermehren konnten und dazu die kürzeren menschlichen ANP32-Proteine nutzten. [+] mehr...

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