Bericht: kaum Pflanzen aus neuer Gentechnik auf dem Markt

Mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) hergestellte Pflanzen sollen dem Klimawandel trotzen und die Landwirtschaft nachhaltiger machen, versprechen ihre Befürworter:innen. Doch eine aktuelle Erhebung zeigt, dass bisher kaum NGT-Pflanzen auf dem Markt sind. Das gilt auch für Länder, in denen solche Pflanzen keine Zulassung mehr benötigen.

Der europäische Verband der gentechnikfreien Wirtschaft (European Non-GMO Industry Association - ENGA) und das US-amerikanische Non-GMO Project haben im Juni einen Marktbericht zu NGT-Pflanzen in der Land- und Lebensmittelwirtschaft veröffentlicht. Sie kommen darin zu dem Ergebnis, dass derzeit weltweit nur drei NGT-Pflanzen kommerziell angebaut werden: zwei herbizid- und insektentolerante Maislinien von Corteva in den USA sowie die blutdrucksenkende GABA-Tomate in Japan. Eine der beiden Maislinien darf in der Europäischen Union (EU) als Lebens- und Futtermittel vermarktet werden.

Laut dem Bericht befinden sich 49 weitere NGT-Pflanzen von 20 Pflanzenarten in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium, haben zum Teil auch schon Anbaugenehmigungen, werden aber noch nicht kommerziell genutzt. Von diesen 49 Pflanzen seien nur zwei so verändert worden, dass sie Nachhaltigkeitsversprechen einlösen könnten. Die häufigsten Eigenschaften der zumeist mit dem Verfahren Crispr/Cas hergestellten Pflanzen: Sie überleben das Besprühen mit Herbiziden, die Fettsäurezusammensetzung ihrer Öle ist verändert, oder die Früchte werden nach dem Anschneiden lange nicht braun.

Während die klassische Gentechnik vor allem Futter-, Energie- oder Faserpflanzen betraf, arbeiten die NGT-Unternehmen meist an Pflanzen, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Der Bericht erwähnt auch, dass die ersten beiden NGT-Pflanzen, die Marktreife erlangten, inzwischen wieder vom Markt genommen wurden. Es handelt sich dabei um den herbizidresistenten Raps der Firma Cibus und die fettveränderte Sojabohne von Calyxt. Beide waren wegen schlechter Ernteerträge bei den Landwirten durchgefallen.

Für ENGA-Generalsekretärin Heike Moldenhauer ist deshalb klar: Trotz des großen, von Biotech-Firmen und vielen Politikern befeuerten Hypes „sind bisher Pflanzen aus neuer Gentechnik nur ein Versprechen und keine Marktrealität“. Hans Eisenbeis vom Non-GMO Project resümiert: „Die Bemühungen, die nächste Generation von Gentechnik-Pflanzen mit Hilfe von Gen-Editierungstechnologien wie Crispr auf den Markt zu bringen, kommen trotz laxer Vorschriften wie in den USA sowie übertriebenen Nachhaltigkeitsversprechen und Milliardeninvestitionen aus öffentlicher und privater Hand einfach nicht in Gang.” Für Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), gebietet es die wirtschaftliche Vernunft, „die gentechnikfreie Lebensmittelwirtschaft zu bewahren, statt sie jetzt im Interesse einer Technologie aufs Spiel zu setzen, deren tatsächliches Potenzial vollkommen in den Sternen steht“.

Dass es mit der neuen Gentechnik viel langsamer vorangeht als behauptet, zeigt auch ein Blick in die Investoren-Präsentationen der führenden Saatgut- und Chemieunternehmen Corteva, Bayer, BASF und Syngenta. Deren Hauptgeschäft besteht nach wie vor in der Agrarchemie und der Entwicklung darauf abgestimmter transgener Pflanzen. So befinde sich unter den zehn Blockbustern, die Bayer in den nächsten Jahren lancieren will, nur ein Genomediting-Projekt: ein Kurzstängelmais, den Bayer bereits als konventionelle Züchtung auf den Markt gebracht hat. [lf]

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