Mais-Versuch
Mais Versuchsfeld (Foto: Infodienst)

Genome Editing: England erleichtert Feldversuche

20.03.2022

Trotz vielfältiger Kritik hat das britische Parlament zugestimmt, die Anforderungen an Feldversuche mit genomeditierten Pflanzen in England zu senken. Künftig reicht eine kurze Information ans Agrarministerium, wenn Wissenschaftler einen Versuchsanbau im Freien planen. Und die britische Regierung will die Regeln für Produkte neuer gentechnischer Verfahren weiter lockern. Opposition und Verbände warnen, dass jegliche Sicherheitsvorschriften für Umwelt und Gesundheit aufgegeben werden.

Die Regelung des Agrarministers, der das Londoner Oberhaus diese Woche zustimmte, sieht vor, dass Testanbau mit bestimmten genomeditierten Pflanzen von der geltenden Freisetzungsverordnung für Gentechnik-Gewächse ausgenommen wird. Nicht mehr reguliert werden Versuche mit solchen Pflanzen, die auch konventionell hätten gezüchtet werden oder natürlich hätten entstehen können, erläuterte Staatssekretär Richard Benyon. Sollen solche genomeditierten Pflanzen kommerziell angebaut werden, gelten weiter die bisherigen Regeln. Benyon kündigte Leitlinien an, die festlegen, welche Pflanzen genau unter die Ausnahmeregelung fallen. Nach Information der Organisation Beyond-GM will das Ministerium die Leitlinie bis Ende April vorlegen.

Die Direktorin von Beyond-GM, Pat Thomas, kritisierte, dass es damit keine Regeln geben wird, wie solche Feldversuche von gentechnikfreiem Anbau getrennt werden müssen. Es werde auch nicht verlangt, die Ernte der genomeditierten Versuchspflanzen einzusammeln oder zu zerstören. Sogar ein Selbstschutz sei für gentechnikfreien Anbau unmöglich, da weder Ort, noch Zeit oder Umfang des Versuchsanbaus öffentlich bekannt gemacht werden. Schließlich wies Thomas darauf hin, dass die Feldversuche nicht nur auf die Agrarforschung beschränkt seien. Es könnten auch genomeditierte Blumen, Gräser, Bäume oder Sträucher zu Demonstrations- oder Bildungszwecken angebaut werden, sofern die zuständige Behörde kurz über die Pflanzengattung informiert wurde. Mögliche Risiken für die Umwelt – etwa durch Auskreuzen – würden nicht mehr geprüft, warnte Thomas.

Im Februar hatte bereits ein Spezialausschuss des Oberhauses einen ausführlichen, kritischen Bericht zur geplanten Regelung herausgegeben. Er monierte zum einen, dass die Ausnahme für bestimmte genomeditierte (ge) Pflanzen nicht als Gesetz vom Parlament verabschiedet wurde, sondern als „Statutory Instrument“ (SI). Das SI ist ein britisches Rechtsinstrument, das einer deutschen Verordnung ähnelt, in bestimmten Fällen jedoch vom Parlament bestätigt werden muss. Da die Mehrheit der Briten weiterhin gegen Sonderregeln für ge-Pflanzen sei, wäre eine Diskussion im gesamten Parlament für die Akzeptanz wichtig gewesen, so der Ausschuss für die Kontrolle solcher Instrumente (SLSC).

Außerdem vermisste SLSC wissenschaftliche und regulatorische Kriterien „um festzustellen, ob eine genetische Veränderung auf natürliche Weise oder durch traditionelle Züchtungsmethoden stattgefunden haben könnte". Diese müssten festgelegt werden, bevor die neuen Regeln in Kraft treten, was nun am 4. April der Fall sein wird. Baroness Nathalie Bennett, die für die Grünen im Oberhaus sitzt, hatte die neue Regelung daher auch als "technisch fehlerhaft" kritisiert und vergeblich beantragt, sie abzulehnen.

Bedenklich fanden die Kontrolleure des Oberhauses ferner, dass die Meldepflicht weder den Umfang oder den Ort der Feldversuche noch Schutzmaßnahmen enthalte. Das britische Agrarministerium verwies auf die Verantwortung der Forscher, die Umgebung vor Verunreinigung mit ge-Pflanzenteilen zu schützen. Da die neuen Regeln nur für England gelten werden, befürchtete der Ausschuss schließlich Probleme bei der Zusammenarbeit zwischen Forschern in verschiedenen Teilen des Vereinigten Königreichs. Schottland und Wales wollen die Regeln derzeit nicht übernehmen.

Der kritische Bericht des SLSC, dem mehrere Eingaben von gentechnikkritischen Organisationen wie Beyond-GM vorausgegangen waren, konnte das Oberhaus jedoch nicht bewegen, das Rechtsinstrument abzulehnen. Das Unterhaus hatte dem SI bereits am 9. März mit 305 zu zwei Stimmen zugestimmt. Zur Freude von Forschern müssen Feldversuche mit ge-Pflanzen in England ab April nicht mehr geprüft und genehmigt werden. Der Bauernverband forderte, dass sowohl der britische Binnenmarkt als auch der Handel mit der Europäischen Union weiter funktionieren müssten. Die nächsten Schritte, wie Großbritannien ge-Pflanzen und ihre Produkte von den Regeln für Anbau und Zulassung für Gentechnik-Pflanzen ausnehmen will, soll die britische Königin Elisabeth demnächst in einer Rede erläutern. [vef]

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