EU Ministerrat Verbote Hendricks
Umweltministerinnen Barbara Hendricks (r.) und Carole Dieschbourg aus Luxemburg (Foto: © European Union)

Opt-Out: Schritt in richtige Richtung oder noch mehr Gentech?

03.03.2014

In Brüssel haben die Umweltminister heute beraten, ob die EU-Staaten künftig leichter nationale Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen verhängen dürfen. Dabei erklärte die deutsche Ministerin Barbara Hendricks (SPD) ihren Kollegen, sie persönlich sei dafür, die Bundesregierung habe sich aber noch nicht endgültig festgelegt. Viele Gentechnik-Gegner stehen der anvisierten Gesetzesänderung kritisch gegenüber, da sie weiteren transgenen Pflanzen den Weg in die EU frei räumen könnte – während die nationalen Verbote keinesfalls in Stein gemeißelt wären.

Die meisten Umweltminister sprachen sich heute für erweiterte Möglichkeiten nationaler Verbote aus und begrüßten, dass die griechische Ratspräsidentschaft einen neuen Vorschlag zur Änderung der bisherigen Gesetzeslage vorgelegt hat. Großbritanniens Umweltminister Owen Paterson, der sich vehement für die Gentechnik einsetzt, kündigte an, dass seine Regierung die bisherige Blockadehaltung gegen nationale Verbote aufgeben wird. Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks teilte mit, sie persönlich befürworte das sogenannte Opt-Out. Bis zum nächsten Treffen der Umweltminister im Juni müsse die Bundesregierung allerdings noch eine gemeinsame Position finden. Das stimmte ihren österreichischen Amtskollegen Andrä Rupprechter optimistisch, der eine rasche Einigung auf EU-Ebene anmahnte.

Einige Minister äußerten aber auch Skepsis. Insbesondere Frankreich hält von dem jetzigen Entwurf nichts, er bringe keine Rechtssicherheit. Paris reichte deshalb einen Gegenvorschlag ein, der ein zweistufiges Modell vorsieht, ähnlich wie es das heute schon für Pestizid- und Medikamentzulassungen gebe, das den Mitgliedsstaaten das letzte Wort einräumt. Das habe sich bewährt, erklärte Minister Philippe Martin. Frankreich teilt die Sorgen vieler Gentech-Kritiker, wonach die Gesetzesänderung Klagen von Konzernen Tür und Tor öffnen könnte. Auch die US-Regierung könne sich dann über die Welthandelsorganisation einschalten, warnten beispielsweise auch die Grünen – Washington ist die vergleichsweise abwägende Haltung der EU zur Agro-Gentechnik ohnehin ein Dorn im Auge.

Außerdem kritisierten Frankreich, Belgien und Luxemburg, dass die Regierungen direkt mit den Gentech-Unternehmen wie Monsanto, Bayer und BASF verhandeln sollen. Diese sollen sich dann freiwillig bereit erklären, die Anbaugenehmigung für das jeweilige Land gar nicht erst zu beantragen. Nur wenn sie das nicht tun, könnten Verbote ausgesprochen werden. Vorteil für die EU-Kommission: sie wäre aus der Schusslinie, während „die Regionen und Länder ohne jede Not zum Spielball der Konzerne“ gemacht würden, warnen auch die Grünen. Der zuständige EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg erklärte in seinem Fazit, die Kommission könne sich in solchen Fragen flexibel zeigen. Er rief zu einer raschen Einigung auf, dann könne man den Prozess in wenigen Monaten abschließen.

Bislang dürfen EU-Staaten den Anbau von genmodifizierten Pflanzen auf ihre Gebiet nur dann untersagen, wenn sie wissenschaftliche Hinweise auf Umwelt- oder Gesundheitsgefahren vorlegen können. Deutschland hat das im Fall des Monsanto-Maises MON810 gemacht, er darf hierzulande nicht aufs Feld, während einige spanische und portugiesische Bauern ihn aussäen. Nachdem Deutschland sich erst vor kurzem in Brüssel enthalten hat, als es um die Anbaugenehmigung für einen weiteren Gentech-Mais ging – 1507 von Dupont Pioneer – kündigten Regierungspolitiker aus SPD und CSU nationale Verbote an. Die sind aber zurzeit gar nicht möglich, weil die entsprechenden Studien zu 1507 fehlen – ohne Studien kein Hinweis auf Risiken, ergo kein rechtlich wirksames Verbot.

Solche Forschungsprojekte kosten jedoch viel Geld und dauern Monate. Es müsste also jetzt damit begonnen werden, wenn der Anbau von gentechnisch verändertem Mais, der in Deutschland ab 2015 möglich sein könnte, tatsächlich auf Grundlage der jetzigen „Schutzklausel“ verhindert werden soll. Die Grünen sind skeptisch: die Bundesregierung mache „derzeit überhaupt keine Anstalten, neue Daten über Risiken der GV-Maislinie 1507 zu gewinnen.“ Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hatte vor kurzem gewarnt, der Pollen von Mais 1507 enthalte 350 Mal mehr selbst produziertes Insektengift als der schon zugelassene MON810. [dh]

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