Melken Kuh Milch
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Immer mehr Export ist keine Lösung

15.10.2015

Milchbauern in Europa haben zurzeit mit besonders niedrigen Preisen zu kämpfen. Mit einem „Exportgipfel“ wollte der Bundeslandwirtschaftsminister gestern in Berlin signalisieren: die Milch andernorts zu verkaufen, zum Beispiel in China und Afrika, sei ein möglicher Ausweg. Viele Bauern und Entwicklungshelfer sehen das mit Sorge. Sie halten mehr Qualität für entscheidend: zum Beispiel mit gentechnikfreiem Futter für Kühe.

Für Agrarminister Christian Schmidt (CSU) ist klar: Export muss sein. Dieser sei „eine wichtige Option zur nachhaltigen Verbesserung der Lage“, erklärte der Minister gestern. „Wir brauchen eine stringente Exportstrategie und Exportumsetzung, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze flächendeckend in der Landwirtschaft, und im gesamten ländlichen Raum zu sichern.“

In einer Pressemitteilung rühmte sich Schmidt, die Bedingungen für landwirtschaftliche Exporte verbessert zu haben. „Mit einer Stabstelle Export im BMEL habe ich eine zentrale Anlaufstelle für Exportfragen der Wirtschaft geschaffen. Auf meinen Auslandsreisen knüpfe ich Gesprächsfäden und wecke das Interesse der politischen und staatlichen Akteure. Das führt häufig zum konkreten Abbau von Handelshemmnissen und verbesserten Exportmöglichkeiten.“

Der Deutsche Bauernverband plädiert ebenfalls für Warenverkäufe ins Ausland. Zwar gab Präsident Joachim Rukwied gestern zu bedenken: „Für unsere Landwirtschaft ist der heimische Markt nach wie vor das Kerngeschäft.“ Aber: „Die Wachstumsmärkte für Agrargüter und Lebensmittel liegen außerhalb der EU. Als Teil einer marktorientierten Agrarpolitik muss der Agrarexport deshalb ausgebaut und diversifiziert werden. Damit wird auch der Inlandsmarkt stabilisiert.“

Völlig anders sehen das konkurrierende Bauernvertreter. Mit der Exportausrichtung sei die Preiskrise bei der Milch erst herbeigeführt worden. „Wir brauchen eine Qualitätsoffensive statt einer Exportoffensive. Kühe auf der Weide, gentechnikfreie Fütterung und Zucht auf Lebensleistung - mit fairen Erzeugerpreisen geht das“, kommentierte Berit Thomsen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) den gestrigen Exportgipfel des Ministers.

Auch die Entwicklungshilfeorganisationen MISEREOR, Brot für die Welt und Germanwatch halten nichts von weiteren Agrarexporten. „Vor allem in westafrikanischen Ländern wie Burkina Faso und Nigeria verhindern billige Importe, dass heimische Milchbauern Zugang zu den wachsenden städtischen Märkten in ihrem eigenen Land erhalten“, warnte MISEREOR-Handelsexpertin Kerstin Lanje.

Francisco Mari von Brot für die Welt fügte hinzu: „Auch bei der Milch droht Afrika - wie schon beim Hühnerfleisch - zur Resterampe für EU-Exporte zu werden. Mit Pflanzenfett angereichertes Magermilchpulver, das aufs unterste Marktsegment abzielt, gilt als der neue Exportschlager der EU in Afrika. In den letzten zehn Jahren haben sich die EU-Exporte dorthin mehr als verdoppelt.“ Doch damit sei weder der afrikanischen noch der europäischen Landwirtschaft geholfen.

Schmidt argumentiert indes, der „Fokus der Exportförderung“ liege auf kaufkräftigen, schnell wachsenden Märkten, nicht auf den ärmsten Ländern der Welt. Deren Landwirtschaft werde „mit erheblichen finanziellen Mitteln“ unterstützt.

Das ebenfalls CSU-geführte Entwicklungsministerium finanziert zum Beispiel „Trainings“ für Kleinbauern in Ghana, Mosambik, Kenia, Nigeria und Burkina Faso. Dieser Unterricht, der im Rahmen der „German Food Partnership“ angeboten wird, stand seitens Entwicklungshelfern und Opposition allerdings in der Kritik, weil sie teilweise von Mitarbeitern von Agrarkonzernen wie BASF, Bayer und Syngenta durchgeführt werden. Also von Unternehmen, die mit ihren Chemikalien und Hochleistungssaatgut afrikanische Märkte erobern wollen. Das Ministerium versicherte letztes Jahr aber, die Trainer agierten „als Vertreter des Projektes und nicht unter dem Firmen-Branding.“ [dh]

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