Der Schweizer Winzer und Rebenzüchter Valentin Blattner hat den Cabernet Blanc schon 1991 gezüchtet, aus der bekannten Rotweinrebe Cabernet Sauvignon und der Neuzüchtung Regent, die widerstandsfähig gegen Pilzkrankheiten ist. Zusammen mit der deutschen Rebschule Freytag entwickelte er die Sorte weiter, die schließlich 2010 auf den Markt kam. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes standen 2024 auf 335 Hektar Weinbergfläche Cabernet Blanc Reben.
Blattners Cabernet ist die bekannteste einer ganzen Reihe neuer gentechnikfrei gezüchteter Rebsorten, deren Züchter:innen die pilzwiderstandsfähigen (Piwi) Reben der ersten Generation wie Regent weiterentwickelt haben und dabei verstärkt auf Trockenresistenz achten. Dabei sei vor allem die Blattstruktur entscheidend, erklärte Blattner im Blog „Weinbau der Zukunft“ des Schweizer Bioweinhändlers Delinat. Je wachsiger und kleiner das Blatt, desto besser. „Solche Blätter verdunsten weniger Wasser und helfen der Pflanze, selbst in Hitzewellen stabil zu bleiben“, erklärte Blattner. Einfluss hat ferner die Unterlage, also der Wurzelstock, auf den die eigentlichen Reben aufgepropft werden. Besonders tief wurzelnde Unterlagen finden auch in regenlosen Zeiten noch Wasser. Doch wenn der Boden komplett ausgetrocknet ist, hilft selbst die beste Wurzel nicht weiter. Blattner hält deshalb die Blattstruktur für den wichtigsten Hebel.
Mit einem spanischen Winzer hat Blattner in einem Züchtungsprogramm in den vergangenen Jahren 20 neue klimaangepasste Piwi-Rebsorten für den spanischen Weinbau entwickelt. Dabei verwendeten sie typische spanische Reben wie Xarello, Macabeu und Parellada als Kreuzungspartner für zwei alte spanische Piwi-Reben namens Belat und Rión und übertrugen so deren Resistenzen. Die ersten der so entstandene Sorten reichten die beiden im vergangenen Jahr für die offizielle Zulassung ein.
Doch nicht nur mit zunehmenden Dürren macht der Klimawandel dem Weinbau zu schaffen, sondern auch mit langanhaltender Hitze. Strahlt bei Temperaturen über 35 Grad die Sonne auf die Trauben, bekommen sie Sonnenbrand: Die Haut der Beeren trocknet ein, wird braun, fleckig und kann sogar aufplatzen. Die Trauben verlieren an Aroma und fangen leichter an zu faulen. Das bundeseigene Julius-Kühn-Institut hat bei Laboruntersuchungen festgestellt, dass Piwi-Sorten wie Souvignier gris und Cabernet blanc deutlich weniger Hitzeschäden aufweisen als traditionelle Sorten wie Chardonnay oder Riesling. Die Untersuchung ist Teil des Forschungsprojekts WiVitis, das Strategien für widerstandsfähige Reben im Zeichen des Klimawandels entwickeln soll. Dafür testen die deutschen und französischen Projektpartner, welche der vielen gentechnikfreien neuen Piwi-Sorten am besten mit Wetterextremen und Krankheiten wie der Graufäule Botrytis zurechtkommen.
Auf dem Delinat-Versuchsgut Château Duvivier in Südfrankreich wachsen inzwischen mehr als 250 verschiedene Piwi-Sorten, bio und gentechnikfrei. Gleichzeitig integriert Delinat dort Methoden wie Agroforst und Permakultur in die Weinberge, die mit Schatten und Wasserrückhaltung dazu beitragen sollen, den Weinbau an den Klimawandel anzupassen. In Italien dagegen versuchen Weinbauinstitute, mit Hilfe neuer gentechnischer Verfahren klassische Weinsorten gegen Mehltaupilze resistent zu machen. Weiter als bis zum ersten Feldversuch sind sie noch nicht gekommen. Und mit der Entwicklung trockenresistenter Reben haben die Gentechniker:innen noch gar nicht begonnen. Da war die herkömmliche Züchtung schneller. [lf]