Gen-editierter Weizen in einer Brutkammer im Labor. (Foto: Neocrop Technologies)

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Chile und Argentinien erlauben ersten Crispr-Weizen in Amerika

Das chilenische Startup Neocrop Technologies hat mit dem neuen gentechnischen Verfahren Crispr/Cas einen Weizen mit Ballaststoffen im Weißmehl entwickelt. Wie das Unternehmen auf seiner Webseite mitteilte, haben die chilenische Genehmigungsbehörde SAG und die argentinische Genehmigungsbehörde Conabia entschieden, dass dieser Weizen in ihren Ländern nicht unter das Gentechnikrecht fällt und ohne Risikoprüfung angebaut und vermarktet werden darf. Damit wurde erstmals in Amerika ein Crispr-Weizen zugelassen. Neocrop will noch im Herbst mit ersten Feldversuchen beginnen.

Ballaststoffe gelten als gesund, befinden sich aber bei Körnern überwiegend in der Schale. Weizen ist in Chile ein Grundnahrungsmittel und wird dort kaum als Vollkornmehl mit Ballaststoffen verbacken, sondern als weißes, normalerweise ballaststoffarmes Mehl. Neocrop Technologies hat nach eigenen Angaben einen Crispr-Weizen entwickelt, der im Korn fünf bis zehn Mal so viele Fasern und damit Ballaststoffe enthalten soll wie herkömmlicher Weizen – ohne dass sich der Geschmack ändert. Dazu wurden gängige Brotweizensorten des chilenischen Saatgutunternehmens Campex Baer und der argentinischen Firma Buck Semillas gentechnisch manipuliert. Über die Art der Veränderung machte Neocrop Technologies keine Angaben, auch gibt es keine veröffentlichten Studien zu dem Eingriff. Die beiden Chefwissenschaftlerinnen des Unternehmens haben lediglich eine Arbeit veröffentlicht, in der sie ihr grundsätzliches Herangehen beschreiben, mit dem sie Weizen gentechnisch verändern. Auf seiner Webseite schreibt Neocrop Technologies, dass man mit den beiden Partnern auch an einem trockenheitsresistenten Weizen arbeite. In Hafer will das Unternehmen den Ballaststoff Betaglucan anreichern und bei Lupinen NGT-Sorten entwickeln, die gegen die Pilzkrankheit Anthracnose resistent sind.

Zu seinem ballaststoffreichen Weizen teilte das 2020 gegründete Unternehmen nur mit, man habe 2023 die ersten Laborzüchtungen abgeschlossen und 2024 vorläufigen Patentschutz beantragt. In diesem Jahr wolle man mit den Partnern erste Feldversuche in Chile beginnen. 2026 seien dann Feldversuche in Argentinien sowie Pilotprojekte mit großen Unternehmen der Lebensmittelindustrie in Lateinamerika geplant, um den faserreichen Weizen zu Brot und Gebäck zu verarbeiten. Parallel dazu will Neocrop Technologies erreichen, dass der Weizen auch in Brasilien und den USA ohne Gentechnikzulassung vermarktet werden darf. Bisher gibt es in diesen Ländern noch keinen Crispr-Weizen mit einer solchen Freistellung oder einer Zulassung. China hat 2024 einen pilzresistenten Crispr-Weizen als sicher zugelassen. In England und in der Schweiz laufen Feldversuche mit Weizen, der durch neue gentechnische Verfahren (NGT) verändert wurden.

Doch die Entscheidung einer Behörde, eine NGT-Pflanze ohne weiteres Zulassungsverfahren und ohne Risikoprüfung auf den Markt zu lassen, bedeutet noch nicht, dass das Produkt auf dem Markt eine Chance hat. In den USA gibt es zahlreiche solcher Freistellungen für verschiedenste Pflanzen, die es dennoch nicht auf den Acker geschafft haben. Auch die chilenische Behörde SAG hat seit 2017 laut einer Studie des Lobbyverbandes ChileBio bereits 52 Freistellungen an diverse Antragsteller (meist aus den USA) verschickt. Doch was bei NGT-Pflanzen in sterilen Laborumgebungen funktioniert, bestätigt sich in Feldversuchen oft nicht. Insbesondere, wenn wie bei Neocrop Technologies mit Hilfe biotechnologischer und spezieller Verfahren in einem Jahr gleich mehrere Generationen großgezogen wurden, ohne dass sie mit der Umwelt in Kontakt kamen. Hinzu kommt, dass Eingriffe in den Stoffwechsel einer Pflanze oft zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Diese Erfahrung schilderten chinesische Forscher, die ebenfalls einen ballaststoffreichen Weizen züchten wollen. Sie stellten fest, dass ein gentechnisch erhöhter Fasergehalt oft zu geringeren Korngrößen und verminderten Erträgen führt. Auch hätten sich bei mehreren Versuchen die faserreichen Körner schlechter verarbeiten lassen. [lf]

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