Das Projekt Target Malaria wurde 2012 gegründet und wird vom Imperial College in London koordiniert. Für die Feldversuche fanden sich Partner in Burkina Faso, wo 2019 erstmals Moskitos freigesetzt wurden, die durch gentechnische Eingriffe sterilisiert worden waren. Die Auswertung ergab, dass die gv-Moskitomännchen deutlich weniger fit waren und früher starben als ihre unmanipulierten Artgenossen. Als nächsten Schritt, so beschreibt es die Fachzeitschrift Science, setzten Mitarbeitende von Target Malaria am 11. August dieses Jahres erneut gv-Moskitos aus – wie beim ersten Versuch noch ohne Gene Drive. Die Mücken waren so manipuliert, dass sie nur männliche Nachkommen zeugen konnten. Target Malaria teilte mit, dass für diese und weitere in nächster Zeit geplante Freisetzungen sämtliche Genehmigungen vorlagen. Eine Woche später hätten die nationalen Behörden das Team überraschend angewiesen, seine Aktivitäten einzustellen und die gv-Moskitos zu töten. Dies sei geschehen. Am 22. August habe die Regierung dann die Öffentlichkeit informiert, dass sie die Forschungen von Target Malaria in Burkina Faso beendet habe.
Damit reagierte die dortige Militärdiktatur auf wachsende Widerstände in der Gesellschaft. Denn die geplante Auslöschung einer Art mit Hilfe von Gene Drives kann massive ökologische Risiken mit sich bringen. „Diese Technologie ist hochumstritten und stellt uns vor ethische Herausforderungen. Wir sagen, dass sichere Alternativen Vorrang haben sollten“, erklärte Ali Tapsoba, Sprecher der Koalition zur Überwachung biotechnologischer Aktivitäten in Burkina Faso (CVAB), der 60 Organisationen angehören. „Insbesondere die Auswirkungen von Gene-Drive-Organismen auf Gesundheit und Ökosysteme sind unbekannt und potenziell irreversibel“, sagte Tapsoba gegenüber Business Insider Africa. CVAB engagiert sich schon seit Jahren gegen die Pläne von Target Malaria und ist weltweit mit Umweltorganisationen vernetzt, die sich gegen Gene Drives engagieren.
Womöglich hat das Vorgehen der Militärdiktatur aber auch andere Gründe. Das Wissenschaftsmagazin Science schrieb, dass in den vergangenen 12 bis 18 Monaten Kampagnen falsche Behauptungen gestreut hätten, gv-Moskitos würden Krankheiten verbreiten und Menschen unfruchtbar machen. Diese Kampagnen seien oft mit russischen Netzwerken in der Region verlinkt, zitierte Science einen Sicherheitsexperten des vom US-Verteidigungsministerium finanzierten Afrikanischen Zentrums für strategische Studien. Sie sollten die westlichen Staaten in der Region diskreditieren. Gleichzeitig würden sie die Politik der Junta unterstützen, die die Souveränität des Landes betone und sich – wie andere Staaten der Region – zunehmend Russland zuwende. Laut Business Insider Africa würden die Behörden argumentieren, Burkina Faso brauche „lokal entwickelte, sicherere Alternativen“ anstelle von experimentellen Technologien aus dem Ausland. Auch passe die Entscheidung zur populistischen Agenda der Militärregierung, die westlich finanzierte Initiativen häufig als Bedrohung der Souveränität darstelle.
Target Malaria ist noch in Uganda und Ghana aktiv. Das Aus in Burkina Faso bedeutet auch für diese beiden Dependancen einen Rückschlag. Zumal die Arbeiten der dortigen lokalen Partner noch nicht weit fortgeschritten sind. Sie haben erst die Labore und technischen Einrichtungen geschaffen und die notwendige Expertise entwickelt. Von Freisetzungen sind beide Länder noch weit entfernt. Ein Artikel in der Taz nannte 2028 als geplanten Termin für erste Freisetzungen in Uganda. [lf]