Die Neuwelt-Schraubenwurmfliege Foto: The Mexican-American Commission for the Eradication of the Screwworm, https://bit.ly/2ueFxg4,  Lizenz: US Copyright Office, Public Domain
Die Neuwelt-Schraubenwurmfliege-+-Foto: The Mexican-American Commission for the Eradication of the Screwworm, https://bit.ly/2ueFxg4, -+-Lizenz: US Copyright Office, Public Domain

Uruguay erforscht Gene Drive-Fliegen

26.02.2024

Das südamerikanische Land Uruguay will einen Tierparasiten gentechnisch mit Hilfe eines Vererbungsturbos (Gene Drive) ausrotten. Zunächst müssen aber Laborversuche bestätigen, dass das bei der Schraubenwurmfliege, die der örtlichen Rinderzucht massive Schäden zufügt, überhaupt funktionieren würde. Die staatlichen Agrarforscher hoffen, die Gene Drive-Fliegen in etwa drei Jahren im Freien testen zu können. Die USA haben den Schädling bereits ohne Gentechnik ausgerottet.

Die Neuwelt-Schraubenwurmfliege ist ein gefürchteter Tierparasit. Die Schmeißfliegenart legt ihre Eier in Wunden und Schleimhäute. Die daraus schlüpfenden Larven fressen sich ins Fleisch der Tiere und verursachen tiefe Geschwüre. Schon seit Jahren versuchen Gentechniker:innen der Universität von North Carolina, diesen Schädling mit gentechnischen Methoden zu bekämpfen. Dazu wollen sie dessen Erbgut so verändern, dass es sterile Weibchen erzeugt. Dieses Erbgut soll auf Männchen übertragen werden, die diese Eigenschaft dann mit Hilfe eines Gene Drives dominant innerhalb einer Population vererben. So entstünden immer mehr sterile Weibchen und die Population wäre nach wenigen Generationen ausgerottet. Dass dieses Konzept im Prinzip funktioniert, haben die US-Forschenden an der Kirschessigfliege bereits gezeigt. Nun wollen sie es zusammen mit dem staatlichen Agrarforschungsinstitut in Uruguay (INIA, Instituto Nacional de Investigación Agropecuaria) auf die Neuwelt-Schraubenwurmfliege übertragen.

In dem südamerikanischen Staat sind Rinder ein wichtiges Agrarerzeugnis und die Schäden durch die Fliegenlarven werden auf 37 bis 138 Millionen Euro pro Jahr beziffert, was zwei bis acht Prozent des Marktwertes der Rinderproduktion entspricht. Deshalb hat das Land bereits 2020 beschlossen, neben den herkömmlichen Bekämpfungsmethoden (siehe unten), auch auf Gentechnik zu setzen. Über den Stand der Entwicklung informierte kürzlich die MIT Technology Review, deren Artikel Heise.de ins Deutsche übertrug. Demnach experimentieren die INIA-Forschenden „im Labor mit verschiedenen Komponenten der Gene Drives in geneditierten Schraubenwurmfliegen“. Die Entwicklung einer Population männlicher Schraubenwurmfliegen mit den veränderten Genen sei „geplant“, heißt es im Text, eine nächste Stufe von Käfigversuchen im Labor stünde kurz bevor. Doch könnte der Aufbau des Gene Drives, seine Erprobung und die Erteilung von Genehmigungen für die Freisetzung im Freiland viele Jahre dauern, zitiert der Text einen an der Arbeit nicht beteiligten Forscher. Dies sei „keine leichte Aufgabe; es gab schon viele gescheiterte Versuche mit Gene Drives“. Die INIA-Forschenden gehen davon aus, dass sie zwei bis drei Jahre brauchen, das System in die Fliegen zu integrieren und die Technik zu validieren. Parallel wollen sie versuchen, eine Genehmigung für Versuche im Freien zu erhalten.

So lange will das Landwirtschaftsministerium in Uruguay nicht warten. Es hat 2020 damit begonnen, die Schraubenwurmfliege mit der herkömmlichen Sterile-Insekten-Technik (SIT) zu bekämpfen. Bei der SIT werden die Schadinsekten im Labor gezüchtet, mittels radioaktiver Strahlung oder Chemikalien sterilisiert und in großen Mengen freigesetzt. Die sterilen Männchen und Weibchen paaren sich mit ihren Artgenossen und sorgen so dafür, dass weniger Nachkommen entstehen und die Population langsam abnimmt. Auf diese Weise ist es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, den Parasiten in den USA und Mexiko ganz und in Panama weitgehend auszurotten. Doch diese Technik ist aufwändig und teuer.

Das Konzept mit den sterilen Weibchen ist übrigens schon der zweite Versuch der Wissenschaftler:innen an der Universität von North Carolina, schädlichen Insekten mit Hilfe der Gentechnik den Garaus zu machen. Ursprünglich setzten sie bei ihren Gene Drive Ideen auf eine Gentechnikentwicklung der britischen Firma Oxitec. Diese hatte Insekten so verändert, dass nur ihre männlichen Nachkommen überlebten, während die Weibchen im Larvenstadium starben. Doch diese Technik hatte eine unappetitliche Folge. Sowohl bei der Schraubenwurmfliege als auch bei der Kirschessigfliege wären die abgestorbenen Larven im Lebensmittel, also dem Fleisch oder dem befallenen Obst geblieben. Aus diesem Grund landete diese Idee schnell im Abfalleimer der Gentechnik-Entwicklungen, während bei anderen Insekten wie Moskitos weiterhin daran geforscht wird. [lf]

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