Notfellchen, gerettete Laborratte, https://bit.ly/3ntMB4X, https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/deed.de
Notfellchen, gerettete Laborratte, https://bit.ly/3ntMB4X, https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/deed.de

Neue Studie: Glyphosat schädigt Spermien

17.01.2022

Der Herbizidwirkstoff Glyphosat beeinträchtigt im Langzeitversuch die Spermien männlicher Ratten. Das ergab eine Studie chinesischer Wissenschaftler. Sie verabreichten den Tieren Glyphosat in Konzentrationen, die weit unter denen früherer Versuche lagen. Deshalb sind die Ergebnisse relevant für die laufende Sicherheitsbewertung des Herbizids.

Die Forscher fütterten die Ratten vier Monate lang mit Glyphosat. Eine Gruppe bekam 2 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht (mg/kg KG), die andere 50, die Kontrollgruppe blieb glyphosatfrei. Nach vier Monaten ließ sich in beiden Glyphosatgruppen das Herbizid im Hoden der Ratten nachweisen. Die Spermien waren langsamer, weniger beweglich und geschädigt. Die Effekte zeigten sich in beiden Gruppen, waren aber in der 50 Milligramm-Gruppe deutlich ausgeprägter, also dosisabhängig. Schon in älteren Arbeiten finden sich Belege dafür, dass Glyphosat Spermien schädigt und die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigt. Die Forscher konnten mit ihren Versuchen auch zeigen, wie dies passiert. Sie wiesen nach, durch welche molekularen Reaktionen Glyphosat die Schranke zwischen Blutversorgung und Hoden überwindet und durch oxidativen Stress dann die Spermien schädigt. Dabei habe Glyphosat „potenzielle Eigenschaften eines endokrinen Disruptoren gezeigt“, also einer hormonaktiven Substanz, heißt es in der Arbeit. Verwundert waren die Forscher darüber nicht. „Eine wachsende Zahl von Belegen weist darauf hin, dass Glyphosat und seine Formulierungen potentiell endokrine Disruptoren sein können“, schreiben sie.

Die Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass bisher für Fruchtbarkeitsschädigungen durch Glyphosat im Tierversuch ein NOAEL-Level von 1000 mg/kg Köpergewicht (KG) angenommen wurde, aufgestellt in einer mehr als 20 Jahre alten Studie. NOAEL steht für 'No observed adverse effect level’ und meint die Dosis, bei der in Tierversuchen noch kein toxischer Effekt auftritt. Nun hat sich gezeigt, dass Glyphosat bereits bei einer Konzentration von 2 mg/kg KG die Fortpflanzung der Tiere beeinträchtigte. Zur Einordnung nennen die Foscher noch eine Zahl: Die US-Umweltbehörde EPA hält es für unbedenklich, wenn ein Mensch über die Nahrung täglich 1,75 mg/kg KG Glyphosat aufnimmt. In der Europäischen Union liegt dieser sogenannte ADI-Wert (accetable dayly intake) bei 0,5 mg/kg KG. Die Behörden berechnen ADI-Werte üblicherweise, indem sie den NOAEL-Wert aus dem Tierversuch durch 100 teilen, um auf der sicheren Seite zu sein. Beeinträchtigen also schon 2 mg/kg KG die Fruchtbarkeit männlicher Ratten, liegt der NOAEL noch darunter und der ADI-Wert beim Menschen müsste auf jeden Fall deutlich kleiner sein als 0,02 mg/kg KG.

Relevant sind solche Überlegungen, weil die europäische Lebensmittelbehörde EFSA derzeit die Neuzulassung von Glyphosat bearbeitet. Die aktuelle Genehmigung läuft am 15.12.2022 aus. Sollte die EFSA bis dahin vorschlagen, den Einsatz des Totalherbizids darüber hinaus zu erlauben, muss sie auch einen ADI-Wert festlegen und begründen. [lf]

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