Sitzung des Deutschen Bundestages (Foto: Deutscher Bundestag/Thomas Trutschel/photothek.net)
Sitzung des Deutschen Bundestages (Foto: Deutscher Bundestag/Thomas Trutschel/photothek.net)

Warum das Vorsorgeprinzip im Bundestag keine Mehrheit fand

20.01.2020

Der Bundestag will nicht, dass die Regierung das Vorsorgeprinzip im Gentechnikrecht auf EU-Ebene stärkt. Einen entsprechenden Antrag von Bündis 90/Die Grünen lehnten die Regierungsfraktionen vergangenen Freitag ab. Aus Prinzip.

Nach dem Willen der Grünen sollte der Bundestag die Regierung auffordern, „sich auf EU-Ebene für die Stärkung des Vorsorgeprinzips einzusetzen, indem sie konsequent dafür eintritt, dass auch neue gentechnische Methoden wie beispielsweise CRISPR/Cas, TALEN, ODM oder Zinkfinger-Nukleasen unter dem Rechtsrahmen der Freisetzungsrichtlinie verbleiben“. Zudem sollte die Regierung „Änderungen der Richtlinie, die die Wahlfreiheit und das Vorsorgeprinzip gefährden“ nicht zustimmen und diese auch nicht unterstützen. Statt dessen sollte sie sich „für eine Weiterentwicklung und Implementierung von Nachweisverfahren neuer Gentechniken“ einsetzen und gemeinsam mit den Bundesländern den Vollzug der Freisetzungsrichtlinie gewährleisten.

Das alles lehnte die SPD ab, obwohl sie diese Forderungen inhaltlich teilt und im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat, dass die europäischen Regelungen zur Gentechnik „das Vorsorgeprinzip und die Wahlfreiheit gewährleisten“ müssen. Doch die Regierungskoalition blockiert sich in Sachen Gentechnik selbst – wie schon in der vergangenen Legislaturperiode. Anstatt sich für das Vorsorgeprinzip einzusetzen, macht sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner für neue gentechnische Verfahren und deren Deregulierung stark, zuletzt bei der Präsentation der nationalen Bioökonomiestrategie. Im EU-Ministerrat kann sie diese Position allerdings nicht offensiv vertreten, sondern muss sich bei den Abstimmungen über eine Deregulierung des EU-Gentechnikrechts enthalten – aus Rücksicht auf den Regierungspartner. Dafür muss die SPD im Bundestag gegen Grünen-Anträge stimmen, die nichts anderes fordern, als im Koalitionsvertrag steht.

Groß diskutiert wurde im Bundestag am vergangenen Freitag nicht über den Antrag. Im Vordergrund stand die allgemeine Debatte über den Agrarbericht der Bundesregierung und die Bauernproteste. Zum Thema Vorsorgeprinzip sagte der SPD-Abgeordnete Matthias Miersch lediglich, es gebe „in der SPD-Bundestagsfraktion und in der Regierungskoalition keinen, der das Vorsorgeprinzip aufheben will.“ Darauf könnten sich alle verlassen. In der darauf folgenden namentlichen Abstimmung gab es in den Regierungsfraktionen keine einzige Stimme für den Grünen-Antrag und auch keine Enthaltungen. Abgelehnt hatte der Agrarausschuss des Bundestages zuvor schon einen Antrag der FDP-Fraktion, mit dem diese die Bundesregierung auffordern wollte, „auf europäischer Ebene für eine grundsätzliche Überarbeitung des EU-Gentechnikrechts einzutreten“. [lf]

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