Gericht Justiz
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Glyphosat-Klagen: Bayer steuert in Richtung Vergleich

03.07.2019

Der Bayer-Aufsichtsrat hat das Thema Glyphosat-Klagen an sich gezogen und will den bisherigen harten Kurs des Vorstands ändern. Auch im zweiten Berufungsverfahren zeichnet sich ab, dass der Richter den von der Jury verhängten Schadenersatz reduzieren wird. Doch es wird bei einer empfindlichen Strafe für die Bayer-Tochter Monsanto bleiben.

Der Bayer-Aufsichtsrat hat beschlossen, zu den Glyphosat-Klagen einen achtköpfigen Ausschuss zu gründen. Dieser solle das Thema intensiv begleiten, den Vorstand dazu beraten und Vorschläge zur Prozessstrategie machen, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens. Zudem hat der Aufsichtsrat den in Produkthaftungsklagen erfahreren US-Anwalt John H. Beisner engagiert, „um den Aufsichtsrat zum Rechtskomplex Glyphosat kontinuierlich zu beraten – auch zu Fragen der Prozesstaktik und zur Mediation. Seine Ernennung solle die Beratung des Vorstands „um eine frische und unabhängige Sichtweise ergänzen.“

Bisher war Bayer in drei als wegweisend geltenden Fällen von den Jurys zu immer höheren Schadenersatzzahlungen verurteilt worden. In allen drei Fällen war der Konzern in Berufung gegangen. Im ersten Fall hatte die Richterin daraufhin die Strafe verringert, gab aber insgesamt der Jury recht. Nun muss die nächsthöhere Instanz entscheiden.

US-Bundesrichter Vince Chhabria hatte den zweiten Glyphosatprozess geleitet. Dessen Jury hatte im März entschieden, dass das Pestizid Roundup die Krebserkrankung des Rentners Edwin Hardeman verursacht habe. Es verurteilte die Bayer-Tochter Monsanto zu einem Schadenersatz von 80 Millionen US-Dollar, das sind rund 71 Millionen Euro. Der Fall gilt als wegweisend für 760 weitere Klagen die bei Richter Chhabria vorliegen. Insgesamt haben bisher über 13.400 Menschen in den USA Klage gegen Glyphosat eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung zur Bayer-Berufung kündigte Richter Chhabria an, dass er den Schadensersatz auf 50 Millionen Dollar oder weniger senken wolle. Er begründete dies mit einer Besonderheit des US-amerikanischen Rechts. Dieses kennt neben dem Schadenersatz für den Kläger einen Schadenersatz für sträfliches Verhalten des Beklagten. Die Jury sprach Hardemann fünf Millionen Dollar persönlichen Schadenersatz für die Krebserkrankung zu sowie eine Strafzahlung über 75 Millionen Dollar. Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten darf das Verhältnis von Schadenersatz zu Strafzahlung jedoch nur eins zu vier betragen und in begründeten Ausnahmefällen maximal eins zu neun, also im Falle Hardemann höchstens fünf Millionen plus 45 Millionen Dollar.

Chhabria erklärte nach Angaben der Agentur Reuters auch, er überlege, den persönlichen Schadenersatz zu senken, da Hardeman seine Krebserkrankung besiegt habe. Gleichzeitig machte er deutlich, dass Monsanto bestraft werden müsse. Es habe genug Belege dafür gegeben, dass sich das Unternehmen um die mögliche Krebsgefahr von Roundup nicht geschert habe, zitierte ihn der Courthouse News Service aus der Verhandlung. Stattdessen sei das Unternehmen gegen Menschen vorgegangen, die auf die Krebsgefahr hingewiesen hätten. Chhabria ging in der Verhandlung davon aus, dass auch der hohe Schadenersatz von zwei Milliarden Dollar im dritten Glyphosatprozess noch deutlich reduziert werde.

Der Richter drängte schon kurz nach dem Jury-Urteil im März die Prozessparteien zu Vergleichsverhandlungen und ordnete Mitte April eine Mediation an. Da sich die Prozessparteien nicht auf einen Vermittler einigen konnten, ernannte er den US-Anwalt Ken Feinberg zum Mediator, einen ausgewiesenen Experten für solche Fälle. Der Bayer-Aufsichtsrat begrüßte nun sowohl die Mediation als auch die Ernennung Feinbergs und versprach, sich konstruktiv in den Mediationsprozess einzubringen. [lf]

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