World Food Prize 2013
Die Preisträger des Welternährungspreises: Van Montagu, Chilton, Fraley (Foto: World Food Prize Foundation)

Preisvergabe an Monsanto-Manager stößt auf Kritik

16.10.2013

Anlässlich des heutigen Welternährungstages findet in den USA die Verleihung des Welternährungspreises statt. Eine Stiftung vergibt die mit 250.000 US-Dollar dotierte Auszeichnung an Menschen, „die einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Qualität, Quantität oder Verfügbarkeit von Lebensmitteln“ geleistet haben. Dass dieses Jahr ausgerechnet Mitarbeiter der Gentechnik-Konzerne Monsanto und Syngenta den Preis erhalten, sorgte im Vorfeld für viel Kritik.

Drei Wissenschaftler und Agrarunternehmer nehmen den Preis am Donnerstag in Des Moines im US-Bundesstaat Iowa entgegen, wo die World Food Prize-Stiftung ihren Sitz hat. Die Begründung: sie hätten maßgeblich zu der Entdeckung beigetragen, dass artfremde Gene mittels Bakterien in die Zellen von Pflanzen eingeschleust werden können. Das ermöglichte erst die Entwicklung von gentechnisch veränderten Pflanzen. Zwei der Wissenschaftler konnten darauf Karrieren bei Agrochemiekonzernen aufbauen: Robert Fraley ist heute Vizepräsident und Technischer Direktor von Monsanto, dem Unternehmen, das alleine über ein Viertel des weltweiten Markts für kommerzielles Saatgut kontrolliert. Seine Mitpreisträgerin Mary-Dell Chilton kam beim Schweizer Agrarriesen Syngenta unter. Der dritte im Bunde, der Belgier Marc Van Montagu, gründete eigene Unternehmen, die ebenfalls Gentech-Pflanzen für den Markt entwickeln.

Dass sich die World Food Prize-Stiftung am Leitbild der „grünen Revolution“ orientiert – also der auf Ertragssteigerung ausgerichteten, industriellen Landwirtschaft mit chemischen Düngern und Pestiziden – ist nichts Neues. Auch ist bekannt, dass der Vorsitzende der Auswahlkommission die Agro-Gentechnik befürwortet. Es handelt sich dabei um den indischen Agrarwissenschaftler Mankombu Sambasivan Swaminathan. Er selbst wurde als Erster mit dem Preis ausgezeichnet, weil er maßgeblich an der Einführung von Hochleistungssaatgut in seinem Heimatland beteiligt war. Swaminathan spricht sich dafür aus, die Gentechnik zum Nutzen von Entwicklungsländern einzusetzen. Allerdings erklärte er vor einigen Jahren gegenüber der britischen Zeitung The Guardian: „Die Landwirtschaft darf nicht der Kontrolle einiger multinationalen Unternehmen überlassen werden.“

Genau diese Gefahr sehen viele aber im Geschäftsmodell von Konzernen wie Monsanto, Syngenta, Bayer und Dupont, die sich ihr Saatgut – ob gentechnisch verändert oder nicht – patentieren lassen und Landwirten verbieten, daraus selbst neue Samen zu gewinnen. Für das Center for Food Safety aus den USA ist es daher völlig unverständlich, dass ausgerechnet Vertreter von Monsanto und Syngenta den Welternährungspreis erhalten. Diese Firmen täten nichts, um eine nachhaltige Versorgung mit Lebensmitteln zu gewährleisten, sondern brächten diese eher in Gefahr, heißt es in einer Stellungnahme der Verbraucherschutzorganisation. Dass gentechnisch veränderte Pflanzen höhere Erträge ermöglichten, sei ein „Mythos“, der von den Agrarkonzernen in die Welt gesetzt worden sei und nun von der World Food Prize-Stiftung weitergesponnen werde.

Ähnlich sieht das der Agrarforscher Hans Herren, der den Welternährungspreis 1995 erhielt und vor kurzem mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Zwar sei eine reine Würdigung der wissenschaftlichen Entdeckungen im Bereich der Pflanzengenetik in Ordnung, sagte der Schweizer dem Portal „20 Minuten“. „Der Welternährungspreis wird aber – normalerweise – an Personen vergeben, die die Menge an, die Qualität von und den Zugang zu Nahrungsmitteln erhöht haben. Erhöht haben – nicht irgendwann erhöhen werden.“ Diese Kriterien erfüllten Fraley von Monsanto und Chilton von Syngenta schlichtweg nicht.

Gentechnisch veränderte Pflanzen sind laut Herren kein geeignetes Mittel im Kampf gegen den Hunger. „Gentech ernährt heutzutage keinen mehr. Der größte Teil an Gentech-Pflanzen machen Baumwolle – die isst man bekanntlich nicht – Mais und Sojabohnen aus. Diese essbaren Pflanzen gehen nahezu gesamthaft in die Verarbeitung für Tierfutter, Biodiesel und Ethanol.“ Der Agrarforscher plädiert deshalb für ökologische Alternativen. Damit könne man auch eine auf zehn Milliarden wachsende Weltbevölkerung ernähren. „Wir haben in Afrika gezeigt, dass wir die Erträge um das Zwei- bis Dreifache steigern können – mit nachhaltiger Landwirtschaft, mit biologischen, ökologischen Methoden“, so Herren gegenüber 20min.ch.

Viele weitere renommierte Wissenschaftler äußerten ebenfalls Kritik an der Vergabe des Welternährungspreises an Fraley, Chilton und Van Montagu. Als die Entscheidung im Juni verkündet wurde, bezeichneten sie diese in einem offenen Brief als einen „Affront gegen den wachsenden internationalen Konsens auf sichere, ökologische Landwirtschaftspraktiken, die nachweisbar die Ernährungslage und Nachhaltigkeit verbessern.“ Gentechnik lasse solche Ziele in weite Ferne rücken. „Gentechnisch veränderten Saatgut wird von einer Handvoll Unternehmen entwickelt und kontrolliert und verstärkt die Machtkonzentration und die extreme Ungleichheit, die die Wurzel dieser Krise des mangelnden Zugangs zu Nahrung sind.“

Bekräftigt werden die Experten durch einen jüngst erschienenen Bericht der Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD). „Das aktuelle System der industriellen Landwirtschaft (...) lässt immer noch rund eine Milliarde Menschen an Unterernährung und Armut leiden“, schrieb der UNCTAD-Sekretär Ulrich Hoffmann. Dabei würden schon heute ausreichend Kalorien produziert, um 12 bis 14 Milliarden Menschen zu ernähren. Doch an der Verteilung hapert es. Deshalb müsse vor allem die Situation der Kleinbauern verbessert werden, damit diese sich selbst versorgen können. Teures Gentechnik-Saatgut kommt in den Empfehlungen des Berichts nicht vor. [dh]

+++Korrektur+++ Die Preisverleihung findet am Donnerstag, den 17.10. statt. Heute, am 16.10. halten die drei Preisträger eine Ansprache im Rahmen eines dreitägigen Symposiums der World Food Prize Foundation.

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