Dossier

"Clearfield"-Raps

Herbizidresistenz unter neuem Namen

„Clearfield“ verspricht ein von Unkraut gesäubertes Feld. Der Name steht für eine Kombination aus Pflanzen, die gegen ein bestimmtes Unkrautvernichtungsmittel resistent sind, und dem entsprechenden Herbizid. Der in Deutschland angebaute Clearfield-Raps trägt eine Resistenz gegen das Herbizid Vantiga D mit dem Wirkstoff Imazamox (Gruppe der ALS-Hemmer), der seit 2012 in Deutschland zugelassen ist. Hergestellt wurden Pflanze und Herbizid vom deutschen BASF-Konzern, der auch die Rechte an der Dachmarke Clearfield (CL) innehat. Die Entwicklung des Saatgutes übernehmen Firmen wie Monsanto, Pioneer, Bayer CropScience und Syngenta.

Bekannt sind herbizidresistente Pflanzen vor allem im Zusammenhang mit dem Spritzmittel Glyphosat („Roundup“). Der Unterschied: bislang wurden die meisten herbizidresistenten Pflanzen mit gentechnischen Methoden entwickelt – und unterliegen in der EU strengeren Vorschriften als konventionelle Pflanzen. Clearfield-Raps gilt offiziell jedoch nicht als „Gentechnik“ - und darf deshalb ohne weitere Vorkehrungen angebaut werden. Das System wird schon seit einigen Jahren auch bei anderen Kulturpflanzen in Europa angewendet, bei CL-Sonnenblumen seit 2003 und bei CL-Reis seit 2005. CL-Winterraps hat seine Zulassung erst 2011 in England erhalten und ist seit her über die EU-Sortenliste auch in Deutschland vertriebsfähig. Angebaut wurde Clearfield-Raps in Deutschland erstmals 2012 auf 3.000 Hektar. Für 2013 steht laut Angaben von BASF Saatgut für etwa 10.000 Hektar zur Verfügung - allerdings teilte BASF mit, das Saatgut sei mit "traditionellen" Züchtungsmethoden entwickelt worden.

Neben BASF hat auch die US-Firma Cibus einen herbizidresistenten Raps entwickelt. Dieser wurde mit dem neuen Verfahren der Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese hergestellt, von der noch nicht klar ist, ob sie juristisch als Gentechnik eingestuft wird oder nicht.

Verschiedene Studien belegen, dass der Verbrauch von Herbiziden in den USA seit der Einführung resistenter Pflanzen in den 1990er Jahren stark gestiegen ist. Allmählich haben sich nämlich auch Unkräuter angepasst, die sogenannten „Superunkräuter“ sind zu einem großen Problem für die Landwirtschaft geworden. Mit immer mehr Gift versuchen die Landwirte, das Unkraut in den Griff zu bekommen. Auch bei Clearfield-Kulturen ist mit dieser Entwicklung zu rechnen.

top agrar, 8/2012: Clearfield-Raps: Das sollten Sie wissen

Dossier: Roundup-Einsatz und Gentechnik-Pflanzen (Informationsdienst Gentechnik)

Studie: Impacts of genetically engineered crops on pesticide use in the U.S. - the first sixteen years (Charles Benbrook)


Raps: Wichtige Kulturpflanze und gefürchtetes Unkraut zugleich

Winterraps hat in Deutschland als Ölpflanze eine große Bedeutung und nimmt mit 1.3 Millionen Hektar gut 11 Prozent der Ackerfläche ein. Raps ist in der Landwirtschaft aber auch als Unkraut bekannt. Die Rapssamen können im Ackerboden überwintern und im Folgejahr wieder keimen – wenn auf dem Feld schon andere Nutzpflanzen wachsen. Der Ausfallraps konkurriert dabei mit der angebauten Nutzpflanze um Licht und Nährstoffe - und führt so zu einem geringeren Ertrag der angebauten Kulturpflanze.

Da Rapssamen 10 Jahre im Boden keimfähig bleiben, ist die Bekämpfung von Ausfallraps in der Landwirtschaft schon lange ein Problem. Hinzu kommt, dass Raps-Samen leicht sind. Durch Pollenflug, aber auch durch das Verwehen von Ernte- und Transportmaschinen, können sich die Rapssamen schnell verbreiten. Über die Jahre hat die konventionelle Landwirtschaft Herbizide zur Bekämpfung des Kultur-Unkrautes Raps entwickelt. Beim herbizidresistenten Clearfield-Raps greifen sie jedoch nicht mehr.

Clearfield-Raps spitzt das Problem zu

Breitet sich Clearfield-Raps auf Feldern mit Mais, Kartoffeln oder Zuckerüben, wird die Behandlung mit den herkömmlichen Herbiziden aufwendiger, teurer oder gar unmöglich. Gelangt herbizidresistenter Ausfallraps auf Flächen mit konventionellem Winterraps, kann dies zu einem Totalschaden führen. Ob es sich beim Ausfallraps um einen herbizidresistenten oder einen konventionellen handelt, weiß man erst, wenn die das Versprühen der Herbizide nur noch eingeschränkten oder keinen Erfolg mehr zeigt.

Viele der in Deutschland auftretenden Unkräuter gehören, wie der Raps, der Familie der Kreuzblütler an. Es ist daher mit einer raschen Übertragung der Resistenz auf andere Wildpflanzen zu rechnen. Auch diese Unkräuter können dann mit den derzeit eingesetzten Mitteln nicht mehr wirksam bekämpft werden. Als partieller Fremdbefruchter tauscht der Raps Eigenschaften zwischen blühenden Rapspflanzen aus, auch beim konventionellen Raps wird es schnell zu einer Resistenzübertragung kommen.

Da Clearfield-Raps nicht unter das Gentechnik-Gesetz fällt, gibt es derzeit keine Kennzeichungs- , keine Koexistenz- und auch keine Haftungsregelungen. Beratungsdienste, verarbeitende Industrie und Verbände warnen und hoffen auf ein schnelles Handeln seitens der Politik. Sie fordern klare Koexistenzregeln und eine Beschriftung der Flächen. Das Saatgut wird laut Hersteller BASF mit bestimmten Hinweisen und dem Kürzel CL auf dem Etikett gekennzeichnet. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen warnt jedoch davor, dass Landwirte nicht unbedingt wissen, welche Bedeutung das Kürzel hat. Außerdem ist diese Art der Kennzeichnung nicht verpflichtend.

BASF hofft indes, seine Milliardenumsätze mit chemischen Spritzmitteln noch weiter steigern zu können - und reagiert abweisend auf die Besorgnisse der Behörden, Landwirte und Verbraucher. In einem im Januar 2013 ausgestrahlten Fernseh-Beitrag im ARD-Wirtschaftsmagazin „PlusMinus“ kommentiert der BASF-Pflanzenschutzsprecher Alfons Schönhammer die ungewollte Verbreitung von Clearfield-Samen folgendermaßen: „Transportwege heißt in dem Fall Schiene oder Straße. Dort findet normalerweise keine Ackernutzung statt. Von daher ist es auch kein Problem, wenn dort ein bisschen Raps steht. Das ist dann sogar oft optisch recht schön (...)."

NDR, 15.01.2013: Schattenseiten der Energiewende: Pflanzenschutzämter warnen vor BASF Clearfield-Raps

Der neue Clearfield-Wirkstoff Imazamox

  • Der Wirkstoff hemmt die Eiweißsynthese in der Pflanze (ALS-Hemmer) und wird bei zweikeimblättrigen Pflanzen, beispielsweise Raps eingesetzt.

  • Imazamox ist blattaktiv und kann daher nur wirken, wenn zu bekämpfende Unkräuter schon aufgelaufen sind. Der optimale Zeitpunkt ist schwierig, da die zu erfassenden Unkräuter zu unterschiedlichen Zeitpunkten keimen und wachsen.

  • Imazamox ist ein hochaktiver Wirkstoff und kann Getreide und andere Kulturpflanzen stark schädigen. Es muss gewährleistet sein, dass nach dem Versprühen von Imazamox die Spritzen intensiv gereinigt werden.

Gentechnik oder nicht?

(laut BASF wurde das derzeit in Deutschland verkaufte Clearfield-Raps-Saatgut nicht mit der folgenden Technik, sondern mit "traditioneller Züchtung" hergestellt)

Herbizidresistenter Raps wird von der US-Biotechnologiefirma Cibus mittels einer relativ neuen Technologie hergestellt, der sogenannten Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese (OgM, die Firma selbst spricht vom „Rapid Trait Development System“, RTDS). Die Erbsubstanz (DNA) der Pflanze wird durch eine Mutation verändert. Ausgelöst wird die Genomveränderung durch das Einschleusen von synthetisch hergestellten DNA-Abschnitten. Diese Konstrukte bestehen im Kern aus Nucleotiden, den Grundbausteinen der Erbsubstanz, und der in der Pflanze gewünschten Mutation. Wie die Mutation in der Erbsubstanz der Pflanze genau vonstatten geht, ist nicht bekannt.

„Bei der Anwendung der RTDS-Technologie werden zelleigene DNA-Reparaturmechanismen ausgenutzt. Das Schlüsselelement dieser Technologie ist ein chemisch synthetisiertes Oligonukleotid.“ 

Herbert Pfister, Vorsitzender Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS), 06.07.2015

Man weiß, dass die Oligonukleotide in der Pflanze einen Reparaturmechanismus auslösen. Dabei dienen sie als eine Art Kopiervorlage und werden nicht selbst ins Genom eingebaut. Die Erbsubstanz der Pflanze wird so verändert, wie es durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist. Demnach müssten derart hergestellte Pflanzen unter das Gentechnik-Gesetz fallen. Da die synthetischen Moleküle kein vollständiges Gen sind und nicht direkt in die Erbsubstanz der Pflanze eingebaut werden, haben EU-Experten sie 2011 jedoch nicht als Gentechnik eingestuft.

Die juristische Einstufung steht aber noch aus. Sie soll bis Ende 2015 erfolgen, zuständig ist die EU-Kommission. Von ihr hängt ab, wie der OgM-Raps reguliert wird, ob er die Gentechnik-Risikobewertung durchlaufen und gekennzeichnet werden muss. Das deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) attestierte Cibus bereits, aus seiner Sicht seien die Rapspflanzen „keine gentechnisch veränderten Organismen i.S.d. Gentechnik-Gesetzes“. Dagegen legten zwei Firmen und eine NGO Klage ein. Zuvor hatte das Amt Cibus zugesichert: bei der Beurteilung der Rapspflanzen werde es „keinerlei Beteiligung oder aktive Information der Öffentlichkeit“ geben.

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