Maisfeld mit Baum
Der Anbau von Gentechnik-Pflanzen ist umstritten.

Gesetzentwurf erschwert Anbauverbote für Gentech-Pflanzen

07.10.2016

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen wie Mais bundesweit untersagt oder beschränkt werden kann. Dafür müssen zwingende umwelt- oder agrarpolitische Gründe vorliegen oder erhebliche Nachteile für das Allgemeinwohl drohen, heißt es in dem Gesetzestext, der dem Informationsdienst Gentechnik vorliegt. Der Entwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes soll am 2. November vom Kabinett verabschiedet werden.

Damit will Deutschland eine Richtlinie der Europäischen Union umsetzen, wonach die Mitgliedsstaaten seit 2015 ihr eigenes Territorium vom Anbau EU-weit zugelassener Gentech-Pflanzen (GVO) ausnehmen können (sog. Opt out-Regelung). Der neue Gesetzentwurf regelt nun ein zweistufiges Verfahren, wie der GVO-Anbau in der Bundesrepublik verboten oder beschränkt werden kann. Indem der Entwurf in beiden Stufen die Angabe zwingender Gründe fordert, geht er allerdings über die EU-Richtlinie hinaus.

Phase 1: Beantragt ein Unternehmen in der EU eine Anbauzulassung für einen GVO, kann Deutschland das Unternehmen über die EU-Kommission auffordern, das deutsche Territorium freiwillig aus dem Antrag auszunehmen. Der Bundeslandwirtschaftsminister soll das tun, wenn so viele Bundesländer das fordern, wie für eine absolute Mehrheit im Bundesrat nötig wären. Die Länder müssen ihre Forderung innerhalb von 35 Tagen schriftlich begründen. Außerdem müssen fünf Bundesministerien einverstanden sein, darunter die Ressorts Wirtschaft und Forschung.

Phase 2: Wird der Anbau trotzdem auch für deutsche Gebiete zugelassen, soll die Bundesregierung die entsprechende Gentech-Pflanze per Verordnung verbieten. Der Bundesrat muss dieser Verordnung zustimmen. In beiden Phasen müssen zwingende Gründe angeführt werden: Sie können umwelt- oder agrarpolitische Ziele betreffen oder dazu dienen, erhebliche Nachteile für das Allgemeinwohl oder sozioökonomische Belastungen abzuwenden.

Diese Hürden des Gesetzentwurfs seien so hoch, dass flächendeckende Anbauverbote für GVO in Deutschland faktisch unmöglich seien, kritisierte die Gentechnik-Expertin des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Heike Moldenhauer. Ein Einvernehmen der sechs Ministerien sei illusorisch, da das gentechnik-freundliche Forschungsministerium immer sein Veto einlegen werde. Auch für den Vorsitzenden des Bio-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Felix Prinz zu Löwenstein, ist es „völlig unverständlich, warum künftig das Forschungsministerium über Anbauentscheidungen zur kommerziellen Nutzung mitentscheiden soll.“

Kommt im ganzen Verfahren kein bundesweites Verbot zustande, können auch einzelne Bundesländer verbieten, bestimmte GVO auf ihrem Territorium anzubauen. Sie können dafür zusätzlich zwingende Gründe der Stadt-und Raumordnung, der Bodennutzung oder der öffentlichen Ordnung anführen. Der BUND kritisierte, dass damit am Ende doch die Länder die ganze Verantwortung tragen müssten und ein gentechnischer Flickenteppich entstehe, den eine bundesweite Regelung eigentlich habe vermeiden sollen. „Einer schleichenden gentechnischen Kontamination von Landwirtschaft und Lebensmitteln wären Tür und Tor geöffnet“, so Moldenhauer.

Sollte nach dem neuen Gesetz tatsächlich einmal der Anbau einer Gentech-Pflanze in Deutschland verboten worden sein, gibt es übrigens einen Rückweg, das sogenannte „Opt in“. Damit übernimmt der Bund oder auch ein einzelnes Bundesland wieder die geltende Zulassung eines GVO in der EU. Auf Bundesebene ist dafür wie beim „Opt out“ ein Konsens von sechs Ministerien erforderlich. Die Länder müssen allerdings nur angehört werden, zustimmen müssen sie nicht. [vef]

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