Labor Forscher
Foto: SLU Madrid Campus / flickr (creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/)

Kaum jemand kennt „Synthetische Biologie“

15.05.2014

Im Gegensatz zu Gentechnik ist der Begriff „Synthetische Biologie“ noch wenig bekannt. Zu diesem Fazit kommt zumindest eine Mini-Studie im Auftrag des Woodrow Wilson International Center For Scholars. Die befragten Personen, Akademiker und Nicht-Akademiker, äußerten Hoffnungen auf neue Medikamente für schwere Krankheiten – aber auch Sorgen vor unabsehbaren Konsequenzen. Vor allem Unternehmen schlägt Misstrauen entgegen: man mache den Bock zum Gärtner, wenn man ihnen die Risikoforschung überlasse.

Die Forscher von Hart Research räumen ein, dass ihre Untersuchung kein repräsentatives Bild der US-amerikanischen Gesellschaft abgibt. Dafür hatten die beiden im April in Baltimore durchgeführten Gruppengespräche zu wenige Teilnehmer (neun Personen ohne College-Abschluss, zehn Personen mit akademischer Ausbildung). Sie wollten vielmehr einen Einblick vermitteln, schreiben sie in der Einführung. Dafür sprachen sie mit den Teilnehmern über synthetische Biologie, die sie ihnen als „entstehende Disziplin, die Biologie mit den Prinzipien des Ingenieurwesen verbindet, um neue Organismen zu bauen“ präsentierten.

Von den insgesamt 19 Teilnehmern hatte keiner zuvor von dem Begriff „Synthetische Biologie“ gehört. Zu Beginn gefragt, was sie sich darunter vorstellten, antworteten sie mit Schlagworten wie „Klonen“, „GVO“ (Gentechnisch veränderter Organismus), „Genforschung“, „künstlich“, „nicht natürlich“ oder „Plastik“. Tatsächlich werden in der synthetischen Biologie auch neue DNA-Konstrukte mittels Computer-Software entworfen und anschließend, teils von darauf spezialisierten Labordruckereien, materialisiert. In die Zellgehäuse von Mikroorganismen eingebaut, entstehen bislang unbekannte Lebensformen. Manche Kritiker sprechen deshalb von „extremer Gentechnik“.

Den Teilnehmern der US-Studie wurden verschiedene Anwendungsmöglichkeiten vorgestellt. Auf interessiertes Wohlwollen stießen vor allem medizinische Anwendungen. Hier äußerten die Befragten die Hoffnung auf neue Heilmethoden für schwere Krankheiten. Sorgen machen sie sich aber wegen unvorhersehbaren Folgen einer Freilassung neuer Synbio-Organismen in die Umwelt. Über eines der Einführungsvideos sagte ein Teilnehmer, darin klinge alles sehr einfach und machbar: „es wird alles großartig funktionieren. Aber, wissen Sie, man erfährt nichts darüber, was schief gehen könnte oder über Nebeneffekte.“

Gerade die von Synbio-Organismen aus Biomasse produzierten Kraftstoffe, die in der Forschung und für Unternehmen eine wichtige Rolle spielen, stießen auf Skepsis. Auf die größte Ablehnung trafen Projekte, bei denen die DNA von Ratten verändert wurde sowie die Herstellung von natürlich vorkommenden Aromen und Süßstoffen mittels synthetischer Biologie. Teile der Snack- und Süßwarenindustrie aber auch Kosmetikhersteller wie L'Oréal setzen jedoch aus Kostengründen auf solche Zusätze, es gibt bereits Kooperationsvereinbarungen mit Synbio-Firmen.

Die Befragten wünschen sich eine unabhängige Risikoüberwachung, am liebsten durch Wissenschaftler sowie NGOs. Den US-amerikanischen Regierungsbehörden trauen die Teilnehmer aus Baltimore weniger, beispielsweise wegen des Einflusses von Industrielobbyisten. Besonders gering ist das Vertrauen in die Privatwirtschaft, die nur ihre finanziellen Interessen verfolge. „Es ist wie wenn der Fuchs das Hühnerhaus bewacht“, erklärte ein Teilnehmer.

Auch in Deutschland dürften bislang nur Wenige von dem Begriff „Synthetische Biologie“ gehört haben. Ein Kommunikationswissenschaftler der Freien Universität Berlin hatte 2011 darauf hingewiesen, das in der Presse kaum über das Thema berichtet werde. [dh]

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