Hat den Nachweis von Cibus-Raps entwickelt: Dr. John Fagan. Foto: Health Research Institute
Hat einen Nachweis für Cibus-Raps entwickelt: Dr. John Fagan. Foto: Health Research Institute

Erstes Nachweisverfahren für genomeditierten Raps entwickelt

07.09.2020

UPDATE +++ Ein amerikanisches Labor hat eine Methode vorgestellt, mit der genomeditierter Raps der US-Firma Cibus nachgewiesen werden kann. Damit liefern sechs Verbände und ein Einzelhandelsunternehmen aus vier Nationen weltweit erstmals den Beweis, dass auch winzige Genveränderungen mit neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr-Cas nachweisbar sind. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will sich dafür einsetzen, die neue Methode „möglichst zügig in die Praxis zu bringen“.

"Das ist ein wichtiger Erfolg für den Umweltschutz und für alle, die auf gentechnikfreie Lebensmittel Wert legen", sagt Schulze der Nachrichtenagentur dpa. Einige argumentierten, neue gentechnische Verfahren könnten gesetzlich nicht geregelt werden, weil sie nicht nachweisbar seien. Der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft nennt hier etwa die zuständige Kontrollbehörde von Bundesagrarministerin Klöckner (CDU): das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Die Initiative der Verbände aber zeigt Schulze: „Mit dem nötigen Forschungsinteresse können solche Nachweismethoden eben doch entwickelt werden."

Weil die Behörden es versäumt hätten, sei man aktiv geworden, bestätigt Alexander Hissting vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG). Nun habe man einen frei zugänglichen Mustertest, nach dessen Vorbild sich für „die meisten, wenn nicht für alle genomeditierten Pflanzen“ Nachweisverfahren erarbeiten ließen, ergänzt der wissenschaftliche Leiter des Projekts, John Fagan vom Health Research Institute in Iowa. „Damit gibt es kein technisches Hindernis mehr, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2018 vollständig umzusetzen“, heißt es in der Presseinformation. Der EuGH hatte entschieden, dass mit neuer Gentechnik veränderte Pflanzen nach Gentechnikrecht überprüft, zugelassen und gekennzeichnet werden müssen. Wie berichtet ist das Bundesagrarministerium gerade erst dabei, dazu eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Eine Studie der EU-Kommission soll 2021 erste Ergebnisse liefern.

Doch für den Handel, der eine große Nachfrage nach gentechnikfreien Lebensmitteln bedienen möchte, drängt die Zeit. Seit der Cibus-Raps „SU Canola“ in den USA und Kanada auf dem Markt ist, besteht die Gefahr, dass versehentlich Samen in Rapslieferungen nach Europa gelangen, wo er nicht zugelassen ist. Anders als andere gentechnisch veränderte Rapssorten, die auch in jüngster Vergangenheit auf deutschen Feldern gefunden wurden, konnte man den Canola-Raps bisher nicht identifizieren. Er hätte also unbemerkt ins Tierfutter und damit in die Lebensmittelkette gelangen können. Für die Zertifizierung von Lebensmitteln mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel ein echtes Problem, ebenso für die ökologische Lebensmittelwirtschaft.

Deshalb haben die beteiligten Organisationen das neue Testverfahren entwickelt und zur kostenfreien Nutzung veröffentlicht. Neben dem VLOG sind das Kennzeichnungsorganisationen in Österreich und den USA, die Umweltorganisation Greenpeace, der Verband für biologische Lebensmittel und Landwirtschaft IFOAM Organics Europe, der neuseeländische Sustainability Council, die österreichische Einzelhandelsgruppe Spar sowie das federführende Labor des gemeinnützigen amerikanischen Health Research Institute. Die Gruppe fordert die europäischen Regierungen auf, den Test unverzüglich bei ihren routinemäßigen Gentechnikkontrollen einzusetzen. Ferner solle die EU-Kommission das Europäische Netzwerk der GVO-Laboratorien (ENGL) damit beauftragen, auf diesen Erfolg aufzubauen und Screening-Methoden zur Identifizierung weiterer Pflanzen zu entwickeln, die mit den neuen Gentechnikverfahren verändert wurden. Schließlich sollte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) einen Leitfaden für die Risikobewertung dieser gentechnisch veränderten Organismen entwickeln, der die spezifischen Verfahren und Techniken berücksichtigt, die zu ihrer Herstellung verwendet werden.

Das Labor baue für den Nachweis auf einer gängigen Methode auf (PCR, polymerase Kettenreaktion), die für die meisten Labore praktikabel sein dürfte, so Fagan. Ihre Validität und Zuverlässigkeit sei durch das GVO-Analyselabor des Umweltbundesamtes Österreich geprüft und bestätigt worden, hieß es. Der Nachweis wurde anhand von zwei der aktuell verfügbaren vier Canola-Sorten entwickelt. Fagan geht allerdings davon aus, dass er auch für die anderen beiden Sorten funktioniert. Er fordert die Firma Cibus auf, das Saatgut im Sinne von Transparenz und Rückverfolgbarkeit den EU-Lebensmittelbehörden zur Verfügung zu stellen.

SU Canola (Handelsname Falco) wurde nach Unternehmensangaben mit einem neuen Verfahren namens Rapid Trait Development, eine Form der Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese, gegen die Herbizide Sulfonylharnstoff und Imidazolinon resistent gemacht. In den USA gilt das allerdings nicht als Gentechnik. Der Raps wird seit 2014 in den USA und seit 2018 in Kanada angebaut. Kanada hat sich nach Angaben des Branchenverbandes UFOP nach der Ukraine zum zweitwichtigsten Rapslieferanten für Deutschland und Europa entwickelt. Im Wirtschaftsjahr 2019/20 importierte die EU demnach 1,8 Millionen Tonnen kanadischen Raps. Davon gingen rund 370.000 Tonnen nach Deutschland. Ob damit auch Samen des nicht zugelassenen SU Canola nach Europa gelangten, ist nicht bekannt. Wie die Aktionsgruppe um VLOG und Arge gentechnikfrei mitteilte, habe das Unternehmen Cibus die EU-Kommission aber bereits im Jahr 2015 gewarnt, dass Cibus-Produkte „wahrscheinlich in die internationale Warenkette gelangen“ und damit möglicherweise auch nach Europa.

„Nun kann sichergestellt werden, dass keine illegalen Gentechnik-Lebens- und -Futtermittel nach Deutschland und Europa gelangen“, freut sich der Gentechnikexperte der Grünen im Bundestag über den neuen Test. „Damit kann endlich das EU-Recht wieder vollzogen und damit die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt werden", so Harald Ebner. Und sein Parteikollege Martin Häusling aus dem Europaparlament merkt an: „Es ist kennzeichnend für die Debatten um die Neue Gentechnik, dass das Nachweisverfahren nicht den Entwicklern der Gentechnikverfahren zu verdanken ist, sondern besorgten Vertretern der Zivilgesellschaft.“ [vef]

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