Patente
Keine Patente auf herkömmliche Züchtung (Foto: Falk Heller/argum)

Mehr als 100 Patentanträge für konventionelle Züchtungen

24.04.2020

In den letzten beiden Jahren haben Saatgut-Konzerne beim Europäischen Patentamt mehr als 100 Anträge eingereicht, um sich konventionelle Züchtungen patentieren zu lassen. Noch sind diese Anträge nicht bewilligt. Doch das Patentamt hat schon bisher die rechtliche Vorgabe, wonach solche Patente unzulässig sind, missachtet.

Die Koalition Keine Patente auf Saatgut! hat die von Anfang 2018 bis Ende 2019 beim Europäischen Patentamt (EPA) eingegangenen Patentanträge auf Pflanzen und Pflanzenzüchtungen gesichtet. Über 100 davon betrafen konventionelle Züchtungen, die meisten entfielen auf Melonen, gefolgt von Spinat, Mais und Tomaten. Doch auch für Lauch, Artischocken, Auberginen, Bananen, Basilikum, Rüben, Brokkoli, Maniok, Blumenkohl, Sellerie, Baumwolle, Endivien, Kartoffeln und Reis lagen Anträge vor. Elf davon hat Keine Patente auf Saatgut! in einem Bericht genauer vorgestellt.

Demnach beansprucht die Firma Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS) rund 80 Pflanzenarten, die gegen eine Pilzkrankheit (Northern corn leaf blight), die unter anderem bei Mais auftritt, resistent sein sollen (EP3447135). Dabei hat KWS nach Ansicht von Keine Patente auf Saatgut! nichts erfunden, sondern lediglich eine DNA-Sequenz identifiziert, die bei der Abwehr des Pilzes eine Rolle spielt. Der niederländische Gemüsezüchter Rijk Zwaan beansprucht Endivien-Salatpflanzen, die nach einem Tauchbad in heißem Wasser nicht braun werden (EP3427575). Auch die Konzerne Bayer und BASF tauchen in der Liste mit Beispielen auf. Der Brauereikonzern Carlsberg hat erneut beantragt, eine konventionell gezüchtete Braugerste unter Patentschutz zu stellen. Er könnte dadurch Lizenzgebühren für jeden Liter Bier verlangen, der mit dieser Gerste gebraut wird.

Ein häufiges Muster bei den dargestellten Patentanträgen sieht so aus: Durch den Kontakt der Pflanzen mit Chemikalien oder Krankheitserregern werden zufällige Mutationen ausgelöst, die anschließend auf das gewünschte Resultat hin aussortiert werden. Dabei werde durch eine „Garnierung“ mit technischen Verfahren der Eindruck erweckt, dass es sich um Erfindungen handle, heißt es in dem Bericht.

Zwar hatte der Verwaltungsrat des EPA im Juni 2017 entschieden, dass keine weiteren Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere erteilt werden dürfen. Doch enthält dieser Beschluss immer noch Schlupflöcher, die es möglich machen, dass solche Patente beantragt und vom EPA auch bewilligt werden. Im Laufe des Jahres 2020 soll die Große Beschwerdekammer des EPA das Thema abschließend behandeln.

„Der Bericht von Keine Patente auf Saatgut! zeigt, wie die Konzerne versuchen, noch mehr Kontrolle über die Produktion von Lebensmitteln in Europa zu erhalten“, sagt Christoph Then von Testbiotech, der an der Recherche beteiligt war. Er fürchtet um die Freiheit von Züchtern und Landwirten, wenn die aktuellen rechtlichen Fragen nicht gelöst würden und weiterhin nicht klar zwischen technischen Erfindungen und zufälligen Verfahren wie der Mutagenese unterschieden werde. [lf]

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