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Glyphosat: vom Acker auf den Teller (Foto: Dieter Schütz / pixelio)

EU-Aus für Glufosinat bis 2019?

22.02.2018

UPDATE +++ Nachdem der Wirkstoff Glyphosat in der Europäischen Union erneut bis 2022 zugelassen wurde, müssen jetzt EU-weit etwa 600 bis 700 glyphosathaltige Unkrautvernichter neu genehmigt werden. Das schätzt die Arbeitsgemeinschaft Glyphosat nach einem Bericht von topagrar online. Unterdessen läuft die EU-Zulassung für das Herbizid Glufosinat zum 31. Juli wohl endgültig aus.

Wie dem offiziellen EU-Register zu entnehmen ist, hat der Hersteller Bayer seinen Antrag an die EU-Kommission, Glufosinat über den 31.7.2018 hinaus zuzulassen, am 20.12.2017 zurückgezogen. Das war genau fünf Tage, nachdem die EU-Kommission Glyphosat für weitere fünf Jahre grünes Licht gegeben hatte. Damit dürfen in der EU nach Artikel 32 der Verordnung 1107/2009 spätestens ab dem 1.8.2019 keine Spritzmittel mehr eingesetzt werden, die Glufosinat enthalten. Solche Spritzmittel, die aktuell in 20 EU-Ländern zugelassen sind, wurden stets als möglicher Ersatz für den Fall gehandelt, dass Glyphosat nicht weiter erlaubt wird. In Deutschland sind schon jetzt keine Pflanzengifte mehr zugelassen, die Glufosinat enthalten.

Ein Sprecher des Bayer-Konzerns begründete die Entscheidung, den bereits im Jahr 2014 gestellten Antrag auf erneute Zulassung seines Wirkstoffs Glufosinat-Ammonium zurückzuziehen, mit „anhaltenden regulatorischen Unwägbarkeiten innerhalb der EU“. Hintergrund ist vermutlich die europaweite Diskussion um die Risiken von Pestiziden. Außerdem hatte die französische Umweltbehörde Anses dem Bayer-Konzern nach einem Bericht des Handelsblatts im Oktober 2017 überraschend die Zulassung für den glufosinat-basierten Unkrautvernichter Basta F1 entzogen. Ob Spitzmittel national eingesetzt werden dürfen, entscheiden in der EU die Mitgliedsstaaten selbst.

Auf die Frage, was es für den geplanten Verkauf des weltweiten Glufosinat-Ammonium-Geschäfts an BASF bedeutet, dass Bayer den Zulassungsantrag in der EU zurückgezogen hat, antwortete der Sprecher: „Die Entscheidung steht in keinem Zusammenhang mit der Vereinbarung mit BASF über den geplanten Verkauf von bestimmten Bereichen des Crop-Science-Geschäfts.“ Bayer will das Glufosinat-Ammonium-Geschäft nebst passendem gentechnisch verändertem Saatgut (LibertyLink) für mehr als sechs Milliarden Euro an den Konkurrenten BASF verkaufen, sobald sie den US-Saatgutgiganten Monsanto übernehmen dürfen. Dass BASF in diesem Fall selbst bei der EU-Kommission beantragen wird, Glufosinat weiter zuzulassen, halten Experten für unwahrscheinlich, da das Totalherbizid als fortpflanzungsschädigend eingestuft ist. Und sogenannte reprotoxische Wirkstoffe können laut Verordnung nicht genehmigt werden.

Was man bei Glufosinat in Deutschland schon geschafft hat, steht bei Glyphosat noch bevor. Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) beantragten bis Fristende am 16. März acht Hersteller, 24 glyphosathaltige Spritzmittel in der BRD neu zuzulassen. Weitere zwölf Herbizide, die über 2018 hinaus zugelassen sind, werden von Amts wegen überprüft, teilte das BVL auf Anfrage mit. Dabei müssen bereits die neuen Zulassungsbedingungen, also Risiken für Landwirbeltiere, Nichtziel-Pflanzen und Biodiversität, beachtet werden.

Und während die Hersteller nach eigenen Angaben bereits am nächsten Verlängerungsantrag für Glyphosat in der EU arbeiten, hat die Politik den Ausstieg ins Auge gefasst. „So schnell wie möglich“ sollen solche Spritzmittel vom deutschen Markt verschwinden, heißt es im neuen Koalitionsvertrag. Die Grünen wollen heute im Bundestag schon mal darüber diskutieren, wie das am besten gehen könnte. In ihrem Antrag fordern sie, den Pestizideinsatz in Deutschland in den nächsten vier Jahren um 40 Prozent zu senken. Außerdem soll es mehr Flächen geben, auf denen Pestizide gar nicht eingesetzt werden dürfen, um Menschen und Umwelt zu schützen. Der Pestizideinsatz, seine Folgen und Alternativen sollen besser erforscht werden.

Schließlich soll das Zulassungsverfahren für Pflanzengifte auf EU-Ebene nach dem Willen der Grünen transparenter werden und gesundheitliche wie ökonomische Risiken stärker einbeziehen. Das EU-Parlament hat zu diesem Zweck einen Sonderausschuss beschlossen, der im März seine Arbeit aufnehmen wird. Neun Monate lang wollen die 30 Ausschussmitglieder vor allem die sogenannten „Monsanto Papers“ und das EU-Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel unter die Lupe nehmen. Dabei soll auch die Rolle der EU-Kommission untersucht werden. Unerwartete Vorschusslorbeeren verteilte das Bundesinstitut für Risikobewertung: „Der neue Sonderausschuss verstärkt den Eindruck, dass beim Thema Pestizid-Genehmigung das EU-Parlament ein wirksamer politischer Impulsgeber werden kann.“ Die Parlamentarier hatten 2017 einen Glyphosat-Ausstieg bis zum Jahr 2022 empfohlen. [vef]

Am 22.3. ergänzt: Angaben des BVL zu Glyphosat-Spritzmittelanträgen in der BRD

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