Bundestag
Foto: (c) Deutscher Bundestag / Katrin Neuhauser

Gentech-Debatte im Bundestag gerät zur Posse

24.03.2015

Eine deutsche Behörde entschied im Februar, dass mittels einer neuen Gentech-Methode hergestellter Raps nicht als Gentechnik gilt – und damit keinen Einschränkungen unterworfen wird. Der Haken: für solche Einstufungen ist eigentlich die EU zuständig. Zudem, so kritisierten NGOs, gebe es gute Gründe, den Raps doch als gentechnisch verändert zu betrachten. Im Bundestag sollten letzte Woche einige Fragen beantwortet werden. Stattdessen debattierten ein CDU-Staatssekretär und Grünen-Abgeordnete aneinander vorbei.

Die Grünen wollten wissen, warum die Behörde einer Entscheidung der EU vorgegriffen und den Raps, den die Firma Cibus mittels Oligonukleotid-gesteuerter Mutagenese resistent gegen ein bestimmtes Spritzmittel gemacht hat, als nicht gentechnisch verändert eingestuft habe. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Landwirtschaftsministerium, Peter Bleser (CDU): die EU habe noch nicht entschieden und deshalb „sehen wir keinen Grund, eine andere Definition vorzunehmen“.

Das sorgte für Verwirrung und einen Zwischenruf der Grünen-Abgeordneten Steffi Lemke: „Aber Sie haben eine Genehmigung erteilt, ohne dass diese Prüfung abgeschlossen ist!“ Daraufhin Bleser: „Bisher war es halt keine gentechnisch veränderte Sorte.“

Der Staatssekretär bezog sich dabei, wie er kurz darauf ergänzte, auf einen weiteren herbizidresistenten Raps, der ebenfalls unter dem Namen „Clearfield“ bekannt ist – aber nicht mit Gentech-Methoden hergestellt wurde, sondern aus konventioneller Züchtung stammt. Diese Sorte sei „in Deutschland schon weit verbreitet“, so der CDU-Mann. „Sie wird auch in meiner Heimatgemarkung seit einigen Jahren angewendet, und es gibt keine Probleme.“

Mehrere Landwirtschaftskammern hatten allerdings vor dem Anbau dieses Clearfield-Rapses gewarnt, da er sich leicht auch in anderen Feldern und nachfolgenden Kulturen ausbreiten könne und dann schwer mit Herbiziden, gegen die er ja immun ist, in den Griff zu bekommen sei. Doch die Grünen hatten gar nicht nach diesem gift-resistenten Raps gefragt, sondern nach dem, den Cibus unter Verwendung der Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese kreiert hatte – einer Methode, von der noch nicht offiziell - also auf EU-Ebene - feststeht, ob sie als Gentechnik zu gelten hat oder nicht.

„Meine Aussage bezog sich nicht auf den aktuellen Fall“, verteidigte sich Bleser laut Bundestagsprotokoll. Zwischenruf der Grünen: „Aber die Frage bezog sich darauf!“ Der Staatssekretär: „Noch einmal: Die geltende Rechtslage lässt die von mir getroffene Aussage zu. Eine andere Einstufung ist nicht erfolgt.“

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), eine dem Landwirtschaftsministerium nachgeordnete Behörde, hatte jedoch im Februar an die Firma Cibus geschrieben und ihr bestätigt, dass die mittels Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese hergestellten Rapspflanzen „keine gentechnisch veränderten Organismen i.S.d. Gentechnik-Gesetzes darstellen“. Dem widersprachen mehrere Umwelt-, Landwirschafts- und Verbraucherverbände. Bei der Methode, die Cibus „Rapid Trait Development System“ (RTDS) getauft hat, werde „definitiv genetisches Material auf eine Art und Weise verändert, wie es auf natürliche Weise (Kreuzung oder Rekombination) nicht passiert. Dabei werden die Mechanismen der Genregulation und Vererbung technisch manipuliert.“

Im Bundestag konnte das letzte Woche nicht mehr geklärt werden. Vizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) musste den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufen. [dh]

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