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Westminster, der Sitz des britischen Parlaments (Foto: David Hunt, http://bit.ly/1rl8YJz, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de über Wikimedia Commons)

Britisches Parlament drängt auf pro-Gentech-Reformen

18.03.2015

Der Wissenschaftsausschuss des britischen Unterhauses hat einen Bericht zur Agro-Gentechnik veröffentlicht. Darin fordern die Abgeordneten, EU-Regeln so zu verändern, dass gentechnisch veränderte Organismen leichter vermarktet werden können. Von der eigenen - ohnehin gentech-freundlichen Regierung - erwarten die Parlamentarier, Entscheidungen über die Sicherheit von Pflanzen und Lebensmitteln künftig verstärkt in London zu treffen.

Ein Dorn im Auge ist den Wissenschafts- und Technikpolitikern vor allem das in der EU gültige Vorsorgeprinzip. Das besagt, dass im Zweifel die Sicherheit von Mensch und Umwelt mehr zählt als die Vermarktung neuer Technologien. Bei gentechnisch veränderten Pflanzen dürfe dieses Prinzip nicht länger angewendet werden, da es „eine Hürde für Fortschritt“ sei, heißt es in dem Bericht, den der Ausschussvorsitzende Andrew Miller (Labour Partei) im Februar vorstellte. Die Briten verweisen auf Streit zwischen EU und USA in dieser Frage, die wahrscheinlich „ein Faktor“ in den Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP sein werde. Im Klartext: das Vorsorgeprinzip muss weg, um den Handel anzukurbeln.

Das jetzige Zulassungssystem der EU funktioniere nicht, so der Ausschuss. Unternehmen, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen wollen, müssten zu lange warten, klagen die Abgeordneten. Man müsse nun abwarten, ob neue EU-Regeln zum Opt-Out-Mechanismus, der nationale Anbauverbote erleichtern soll, hier „signifikante Änderungen“ bringen könne. Kritik am Genehmigungsverfahren wird auch von Gentechnik-Gegnern vorgebracht. Im Gegensatz zum britischen Ausschuss halten sie das Verfahren jedoch für nicht strikt genug und die EU-Lebensmittelbehörde EFSA für zu industrie-freundlich.

Der Ausschuss erhofft sich vom Anbau von Gentechnik-Mais, -Raps und Zuckerrüben höhere Profite für Landwirte in Großbritannien. Allerdings hatte Lord de Mauley - parlamentarischer Staatssekretär im britischen Umweltministerium und Gentechnik-Befürworter - noch im Januar zugegeben, dass die Gentech-Pflanzen, die zurzeit auf eine EU-Genehmigung warten, für den Anbau auf der Insel gar nicht geeignet seien.

Einig ist man sich im Königreich aber längst nicht. Schottland, Nordirland und Wales wollen keinen Gentechnik-Anbau. So erklärte der schottische Umweltminister Aileen McLeod laut dem Bericht, die Lebensmittelwirtschaft hänge stark vom grünen Image des Landes ab. Außerdem sei die wissenschaftliche Debatte über mögliche Langzeitfolgen des Gentech-Anbaus auf die Umwelt nicht beendet. Auch nordirische und walisische Regierungsvertreter plädierten dafür, das Vorsorgeprinzip der EU aufrecht zu erhalten.

Die britische Regierung setzt sich in Brüssel vehement für mehr Gentechnik auf den Äckern ein. Owen Paterson (Konservative), bis letzten Sommer Umweltminister, war für scharfe verbale Angriffe auf Gentechnik-Kritiker bekannt. Er musste aber auch selbst Kritik einstecken: der Guardian-Kolumnist und Sachbuchautor George Monbiot beispielsweise bezeichnete Paterson wegen dessen Widerstand gegen ein Teilverbot von bestimmten Insektiziden, die für den Tod von Bienenvölkern mitverantwortlich gemacht werden, als „schlechtester Umweltminister unter dem dieses Land jemals zu leiden hatte.“ [dh]

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